Foto: Thieme-Hachmann

Gedanken zur Woche: "Die Weite des Meeres"

25.11.2017

Gedanken zur Woche von Pastor Joachim Thieme-Hachmann, Schleswig und Schuby

Wir haben uns im Hafen versammelt und gehen an Bord eines Kutters, der als Bestattungsschiff dient.

Als erstes verlieren die Kinder ihre Befangenheit: sie erobern sich das Schiff und inspizieren alles.

In einem Raum im hinteren Teil des Schiffes haben wir Gelegenheit, uns von dem Verstorbenen zu verabschieden. Ein Gesteck aus Sonnenblumen scheint aus der Urne hervor zu quellen: voller Leben und Licht.

Jeder hängt seinen Gedanken nach, den unterschiedlichen Erinnerungen, den inneren Bildern. Einen Moment lang unerreichbar für den anderen. Die Geschichte, die jeden/ jede von uns mit dem Verstorbenen verbindet, geht zu Ende und gleichzeitig weiter: wie ein Weg, der an einen Haltepunkt kommt und dann verändert seinen Fortgang nimmt.

Irgendwann kommt der Moment, in dem der Kapitän die Urne im Meer versenkt. Eine Zeitlang schauen wir schweigend der Stelle hinterher, in der sie versunken ist. Jetzt ist die Leere spürbar. Keinen Ort gibt es in Zukunft. Aber den Blick in die Weite des Meeres.

Unter Deck gibt es jetzt Kaffee und Kuchen. Dort verändert sich die Stimmung. Hier geht es um uns. Um die Gegenwart und die Zukunft. Einer von uns steckt einen Kaffeebecher ein: etwas zum Behalten, zum Festhalten. Verborgene Fragen hinter den Gesprächen: wer sind wir geworden durch den, der jetzt nicht mehr da ist? Was trägt jeder und jede weiter von ihm?

Als ich wieder an Deck gehe, bricht die Sonne hinter den Wolken hervor. Ein fast unwirkliches weißes Strahlen, das sich in den Wellen der Nordsee spiegelt. Ein Lichtband, das auf uns zuzulaufen scheint. Oder, umgekehrt, ein Weg hin ins Licht.

„Morgenglanz der Ewigkeit.“

Das Schiff passiert die Hafeneinfahrt. Es ist Zeit zurückzukehren.