Garten Zimbeln Foto Michael Haalbeck

Gedanken zur Woche: "Du, meine Seele, singe"

14.05.2017

Gedanken zur Woche von Pastor Dr. Michael Dübbers, Kirchengemeinde Schleswig

Menschen singen im Gottesdienst oder im Chor, in gemütliche Runde am Lagerfeuer oder auf einer Konfirmandenfreizeit. So manch einer singt vielleicht auch gerne zu Hause unter der Dusche, oder unterwegs im Auto. Denn das Singen ist eine Lebenskunst, die zunächst einmal gar nicht darauf zielt, andere mit seinem Gesang zu erfreuen, sondern den eigenen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. In den Liedern, die wir singen, spiegelt sich unsere Seele. Aber sie haben noch eine weitaus größere Kraft. Sie bringen nicht nur unser Inneres nach außen, sondern sie können auch unsere Seele beeinflussen und verändern. Sie können Gefühle freisetzen, die mitunter ganz und gar nicht zu unserer gegenwärtigen Befindlichkeit zu passen scheinen.

Wie die alte Dame, die selbst im Todesschattentale ihres Lebens mit Worten von Paul Gerhard ein Lied gegen die düstere Wirklichkeit sang: „Du, meine Seele, singe, wohl auf und singe schön, dem, welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehn.“ Es war für sie ein Lied gegen die furchtbaren Erlebnisse der Kriegszeit und der schweren Jahre danach. Es war für sie ein Lied der Hoffnung. Solche Klänge lassen nämlich nicht nur dünnwandige Gläser zerspringen, sondern auch die dicken Mauern der Hoffnungslosigkeit und Trostlosigkeit.

Darum kann ich in der Musik Gottes Kraft erfahren. Wie die Melodie „Du meine Seele singe“ aus den tiefsten Tiefen hinaufsteigt und sich in der Höhe zu strahlendem Glanz entfaltet, so kann die Musik auch unsere Seele in den dunklen Zeiten des Lebens wieder zum Leuchten bringen. Mit einer Kraft, die nicht aus uns selbst kommt, sondern die Gottes eigene Kraft ist. Deshalb ist das Singen nicht nur ein Spiegel unserer Seele, sondern auch – und vielleicht noch viel mehr – ein Spiegel Gottes in unserem Leben.