Dom zu Schleswig

Gedanken zur Woche: "Ein Gleichnis"

25.08.2017

Gedanken zur Woche von Pastor Dr. Michael Dübbers, Kirchengemeinde Schleswig

Zwei Männer gingen in eine große Kirche. Ein Lutheraner und ein Tourist, der bereits vor vielen Jahren aus der Kirche ausgetreten war. Der Lutheraner setzte sich bescheiden ganz hinten in die Kirche. Leise und unauffällig. Ein wenig pflichtbewusst betet er: Gott, ich weiß, dass ich von mir aus ein Sünder bin. Ich stehe mit leeren Händen vor dir. Ich weiß, dass es auf die guten Taten nicht ankommt. Ich will mir deine Liebe auch gar nicht verdienen. Nur das tue ich:  Ich versuche, anständig zu leben, nicht in Anfechtung zu fallen und deiner lutherischen Kirche die Treue zu halten.

Ganz anders als diese Touristen, die aus der Kirche ausgetreten sind, weil sie kein Geld bezahlen wollen. Und dann kommen sie trotzdem hierher. Zahlen keinen Beitrag, aber nehmen alles in Anspruch. Und setzen sich auch noch frech in die erste Reihe. Diese Schmarotzer. Während der gute Lutheraner also hinten in der letzten Reihe der Kirche betete und seine Verachtung für die anderen pflegte, ging der Mann, der aus der Kirche ausgetreten war, aus Neugier ganz nach vorne und stellte sich direkt vor den Altar. Er blieb einen Augenblick dort stehen und blickte sich um, so als wolle er schauen, ob Gott nicht doch irgendwo zu entdecken ist.

Dann setzte sich in die erste Reihe und dachte: Ich weiß wirklich nicht, ob es dich gibt, Gott. In unserer Welt geschieht so viel, was gegen dich spricht. Aber wenn es dich gibt, dann siehst du mich hoffentlich. Dann kennst du meine Sorgen und siehst in mein Herz. Ich versuche immer, möglichst gut zu anderen Menschen zu sein. Aber wie oft tue ich Dinge, die mir im Nachhinein leidtun? Wenn es dich gibt, dann hoffe ich, dass du verzeihen kannst. Und er nahm eine Kerze und zündete sie an.

Und Jesus schloss: Wer von den beiden, meint Ihr, hat von der Liebe Gottes mehr verstanden?