Engel in der Wittenberger Stadtkirche (Foto: Karin Emersleben)

Gedanken zur Woche: "Eine Bibel gehört in die Hand der Menschen"

25.10.2016

Gedanken zur Woche von Pastorin Karin Emersleben, Reformationsbeauftragte im Sprengel Schleswig und Holstein

"Das wertvolle Werk ruht hinter Panzerglas." – so endet ein Bericht über den Fund der alten Rendsburger Gutenbergbibel, die 1997 entdeckt wurde. In vielen Haushalten befinden sich Bibeln. Da gibt es Familienbibeln, Konfirmandenbibeln, Kinderbibeln, Traubibeln. Viele dieser Bibeln liegen zwar nicht hinter Panzerglas, aber sie werden oft gut geschont.

Im Schleswiger Dom werden viele Bibeln in die Hände genommen. Die in mühevoller Kleinarbeit neu überarbeitete Lutherbibel 2017 ist zum Auftakt des Reformationsjubiläums fertig geworden - und wird unter die Leute gebracht. Mindestens jede Kirchengemeinde bekommt eine Altarbibel geschenkt. In Hamburg werden diese Bibeln mit Lastenfahrrädern verteilt; im Kirchenkreis Rendsburg geschieht die Verteilung im Alten Rathaus, dort wo Johannes Bugenhagen 1542 die protestantische Kirchenordnung unterzeichnet hat; und in Rantzau-Münsterdorf wird nach Schloss Breitenburg geladen.

Die Bibel hinter Panzerglas – ein Alptraum. Eine Bibel gehört in die Hand der Menschen, sie will benutzt und gelesen werden.

Das Lesen in der Bibel kann helfen, das Leben zu verstehen. Menschen erleben die Bestätigung, in einer Glaubensgemeinschaft zu stehen, die schon lange durch Raum und Zeit mit Gott unterwegs ist. Wir suchen Glaubensvorbilder, suchen, wo Einzelne gerungen haben mit ihrem Glauben und mit Gott.  Menschen suchen nach dem Sinn des Lebens gerade angesichts der eigenen Endlichkeit. Und sie sind auch auf der Suche nach Zuspruch, dass sie geliebt und angesehen werden, egal wer sie sind und wo sie stehen.

Mit dem eigenständigen Lesen der Bibel stehen wir in dieser reformatorischen Tradition: dem Glauben auf die Spur kommen zu können, sich den biblischen Geschichten zu nähern durch eigenes Lesen, die Begleitung Gottes darin zu entdecken. Und beim Lesen der Bibel ist es genauso wie in anderen Büchern: das Geschehen ist gegenwärtig. Gott ist im Lesen gegenwärtig.