
Gedanken zur Woche: "Für eine Bitte müssen wir uns nicht entschuldigen"
20.05.2017
Gedanken zur Woche von Pröpstin Carmen Rahlf, Flensburg
Der morgige Sonntag heißt „Rogate“ – bete oder bitte. Beides hängt zusammen. Beten oder bitten tun wir in der Regel erst, wenn wir nicht mehr so recht weiter wissen.
Manchmal entschuldigen sich Menschen bei mir dafür, dass sie erst dann beten. Doch eigentlich meinen sie nicht mich. Ich verstehe sie. Mir fällt es auch nicht leicht – das Bitten. Lieber bewältige ich die Dinge allein. Als ich anlässlich meines 50. Tauftages vor zehn Jahre meinen Taufspruch fand las ich: „Bittet so wird euch gegeben.“
Meine erste Reaktion war: „ Oha, manchmal sind Taufsprüche wohl auch Schlüsselwörter im Leben, die uns Zugang zu noch verborgenen oder umgangenen Themen erschließen.“ Denn in diesem Wort hörte ich sofort die Ermunterung und die Aufgabe, andere Menschen ruhig mehr in mein Leben mit hinein zunehmen, mich ihnen auch mal zumuten zu dürfen und lernen anzunehmen, was sie mir auf mein Bitten zu geben bereit waren (vielleicht auch einfach so). Und kaum handelt es sich dabei um materielle Dinge, sondern meistens um Grundlegenderes – um Zeit, Rat, Beistand, um solidarische Kritik, Ermutigung auch um Verzeihung und Verstehen.
Bitten lässt uns aufmerksam werden füreinander. Es bringt uns in Kontakt auch mit uns selbst. Gott um etwas bitten nennen wir beten. Es ist das innere Gespräch, die Zwiesprache mit ihm/ihr über unser Leben, über das, was wir brauchen, wovor wir uns fürchten, wonach wir uns sehnen. Wenn ich nicht mehr weiter wusste, wenn ich richtig Angst hatte oder verzweifelt war, dann haben diese „Gespräche“, in denen ich nichts mehr verbergen musste oder schön reden wollte mir geholfen.
Nie habe ich dabei das Gefühl gehabt, mich bei Gott für sie entschuldigen zu müssen – im Gegenteil. Rogate. „Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet.“