Foto/Grafik: Johannes Ahrens

Gedanken zur Woche: "Gefühlte Wahrheit"

03.01.2017

Gedanken zur Woche von Pastor Johannes Ahrens, Stadtpastor in Flensburg

„Ich guck´ keine Jahresrückblicke mehr“, sagt Henk beim Abendessen unter Freunden beiläufig. „Prince ist tot, Trump Präsident und jetzt noch das mit dem Breitscheidplatz. Außerdem wurde `postfaktisch´ zum Wort des Jahres gewählt. War früher nicht alles irgendwie besser?“ Wir gucken uns an. „Hm. Nee, finde ich nicht“, sagt Anne und fragt ungerührt: „Welche seligen Zeiten sollen denn das gewesen sein?“

Ich liebe diesen Übergang zwischen den Jahren; es ist die Zeit für lange Spaziergangsgespräche mit Rückblicken und Ausblicken. Sitzen wir auf dem auf- oder absteigenden Ast? Wohin tendieren Rohölpreiskurve und Liebesbarometer? Da lohnt ein Faktencheck.

Viel beachtet wird momentan eine Grafik der Berner Zeitung. Sie zeigt, wie sich die Zahl von Terroranschlägen in Westeuropa sowie deren Verletzte und Todesopfer seit 1970 entwickelt hat. Gab es im Jahr 1979 gezählte 849 Attacken, so waren es 2014 noch 136 Anschläge. Das sind immer noch: viel zu viele. Und trotzdem hätte ich - gefühlt - diesen Rückgang nicht vermutet.

Wie war 2016 für Dich? War es ein insgesamt gutes oder eher schwieriges Jahr? Und wenn Dein persönlicher Jahresrückblick ein Film wäre (so wie Facebook automatisierte Zusammenschnitte Deiner 2016er Posts anbietet): Würdest Du Dein 12-Monatsvideo in voller Länge ansehen?

Was mir gut tut: Am Ende nicht nur eines Jahres, sondern jeden einzelnen Tages zurückzublicken und mich zu fragen: Was ist heute gut gewesen? Was an Schönem ist mir heute begegnet? Woran habe ich mich erfreuen dürfen? Selbst an den dunkelsten Tagen des Jahres sind es bei mir nie weniger als drei Dinge. Erstaunlich. „Lobe den Herrn meine Seele und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat“ (Psalm 103,2). Wenn Du davon jemandem singen und sagen kannst, lebst Du: In seligen Zeiten.