Foto: Johannes Ahrens

Gedanken zur Woche: "O Heiland, reiß die Himmel auf!"

04.12.2016

Gedanken zur Woche von Pastor Dr. Michael Dübbers aus der Kirchengemeinde Schleswig

Was ist das für ein schönes und kraftvolles Adventslied! Aus seinen Worten spricht Sehnsucht und Ungeduld: O Heiland, reiß die Himmel auf! Wer diese Zeilen gedichtet hat, der bittet Gott nicht darum, die Himmelstür vorsichtig und nur einen Spalt breit zu öffnen, damit ein zarter Lichtstrahl in unsere Welt fallen kann. Nein, er bittet vielmehr, dass Gott den Himmel mit einem Mal und ganz und gar aufstoßen möge. Dass er alle Schlösser und Riegel entfernen möge, die uns von ihm trennen. Damit die ganze Welt erkenne, welche Freude Gott für uns bereithält.

Damals, als dieses Lied gedichtet worden ist, war den Menschen alles andere als weihnachtlich zumute.  Es war die Zeit des 30jährigen Krieges. Nichts schien ferner zu liegen als festliche Freuden. Es herrschte nackte Not. Doch solche Not kann eine Ungeduld hervorbringen, die alles in den Schatten stellt, was wir an vorweihnachtlicher Ungeduld der Kinder kennen: O Heiland, reiß die Himmel auf. Versteck dich nicht in deinem Elfenbeinturm, sondern schau gefälligst-noch-mal vom Himmel herunter! Das sind mächtige, das sind zornige Worte, die in großer Not gesprochen sind. Ohne Furcht, dass Gott beleidigt auch noch den letzten Riegel vor seine Himmelstür schiebt.

O Heiland, reiß die Himmel auf! Das ist kein liebliches Lied. Es passt kaum zu Keksen und Stollen. Aber es passt zu der Not derer, denen Gott mitten im Advent abhanden zu kommen droht. Es passt zu denen, die von der Sehnsucht getrieben sind, Gott zu erleben. Auch zu Weihnachten. O Heiland, reiß die Himmel auf! Dabei scheint mir eins gewiss: Wer sich mit solchen Worten an Gott zu wenden wagt, dem hat Gott die Himmelstore schon längst weit aufgestoßen. Und Himmelsglanz erfüllt das Herz.

Pastor Dr. Michael Dübbers