Foto: Johanna Lenz-Aude

Gedanken zur Woche: "Orte der Erinnerung"

11.02.2017

Gedanken zur Woche von Johanna Lenz-Aude, Pröpstin in Schleswig

Froh bin ich mit der Entscheidung unseres Landtags, die Bestattungspflicht beizubehalten. An diesem Wochenende werde ich auch auf den Friedhof gehen. Mein Mann ist am 10. Februar acht Jahre tot, am 11. Februar jährt sich sein Geburtstag zum 93. Male.  

Persönliche Gedenktage und persönliche Gedenkorte. Ich stehe am Grab, und ich lade in jedem Jahr Freunde ein, die mit mir dem Verstorbenen Blumen bringen und sich mit mir erinnern an den Menschen, der an diesem Ort begraben wurde.

Er lebte gern, und er starb sanft und in Frieden. Mit ihm haben wir im Freundeskreis viel gelacht und gefeiert, Gespräche über Gott und die Welt geführt. Wir erinnern uns an die Impulse, die er, älter als wir alle, einbrachte, seine Erzählungen aus dem Krieg und einer Zeit, die wir mit ihm nicht teilten. Wir erinnern uns an gemeinsam verbrachte Stunden und an seine Musik. Wir treffen uns an seinem Grab - und dann gehen wir seinen Geburtstag feiern. Wir essen und trinken und fühlen uns lebendig.

Friedhöfe sind Orte der Erinnerung, auch der Trauer, aber auch der Erfahrung, dass das Leben sich wieder Raum schafft nach dem Tod lieber Menschen. "Wir legen in die Erde, was vergänglich ist, und wir geben dem Himmel, was wir lieben." Und wir schreiben die Namen auf Steine: Hier liegt dieser Mensch. Und er bleibt uns wichtig. Und wir glauben, dass er Gott wichtig ist und bleibt und dass er in Gottes Himmel einen Platz hat.

Auf dem Friedhof begegnen sich Leben und Tod. Es nützt nichts, den Tod zu leugnen. Es gibt Abschiede und sie tun weh, tun sehr weh.  Ich lese den Namen meines Mannes und weiß: Ich muss ohne ihn mein Leben weiterleben. Sein Körper ist auf dem Friedhof, meiner lebendig. - Die letzten Jahre haben mich gelehrt, dass Leben neu wachsen kann mit Gottes Hilfe und der Nähe lieber Menschen.