
Gedanken zur Woche: "Segen bis in die nächsten Generationen"
12.03.2017
Gedanken zur Woche von Pastorin Kerstin Popp, Kirchengemeinde Schuby
Meine Eltern sind so gut wie nie verreist. Weil sie einen Bauernhof hatten, konnten sie die Kühe unmöglich verlassen, sie mussten ja gemolken werden. Als Kind habe ich mich mit dieser offenbar logischen Begründung zufrieden gegeben.
Ich wäre gerne einmal verreist, schon allein deshalb, weil ich dann die Aufmerksamkeit meiner Eltern für mich gehabt hätte. So aber musste ich sie mir jeden Tag mit den Tieren teilen.
Später, als meine Eltern auch als Ruheständler immer noch nicht verreisten, erkannte ich ihre Angst dahinter. Ihre Angst vor der Welt da draußen, außerhalb unseres Dorfes, jenseits unseres Hofes mit den täglich immer gleichen Aufgaben.
Warum hatten die Beiden Angst vor dem Reisen? Wenn meine Mutter hörte, dass ich irgendwohin wollte, sah sie sofort mögliche Gefahren auf mich zukommen und warnte mich. Ich fuhr dennoch und ließ sie mit großen Sorgen um meine Sicherheit zurück.
Erst, als ich von den Spätfolgen der Kriegszeit auf die Generation meiner Eltern erfuhr, konnte ich mir auf ihre Ängste einen Reim machen. Sie hatten als Kinder Traumatisches erlebt, das wusste ich.
Traumatische Erlebnisse können auch ungewollt an die nächste Generation weitergegeben werden. Also konnte ich auch einiges an mir selbst mit diesem Wissen besser verstehen. Ich versuche, diese Kette bei meinen eigenen Kindern abreißen zu lassen, aber ist mir das gelungen? Das können nur sie selbst eines Tages beurteilen.
Seitdem viele Historiker und Psychologen diese unbewusste Weitergabe nachgewiesen haben, muss ich an das Nachwort zu den 10 Geboten denken: das Einhalten der Gebote bringt Segen bis in die nächsten Generationen hinein, das Missachten der Gebote jedoch, und das ist nun mal ein Krieg für mich, schadet auch noch den nachgeborenen Kindern „bis ins 3. Und 4. Glied“.