
Gedanken zur Woche: "Sternsingen - vom alten Brauchtum bitte reichlich Gebrauch machen..."
13.01.2018
Gedanken zur Woche von Pastor Detlef Tauscher, Kirchengemeinde Böklund und Uelsby
Als ich 1983 als Pastor nach Böklund gekommen bin, hat es in unserer und der benachbarten Kirchengemeinde nur wenige Familien gegeben, denen das Brauchtum des Sternsingens vertraut war, das Singen einer kleinen Kinderschar in Gestalt der Heiligen Drei Könige und das Kreide-Segenszeichen, das sie an den Türen zurückließen.
Inzwischen ist das alte Brauchtum, in vorreformatorischer Zeit aus geistlichen Dreikönigsspielen zur Darstellung der biblischen Geschichte von den drei Weisen aus dem Morgenland entwickelt, bei uns ein kleiner Renner geworden. Viele Gemeindeglieder erwarten Jahr für Jahr die Sternsingerschar, freuen sich über die frischen Lieder auf dem Weg, im Freien, im Geschäft oder an der Haustür; einige Lieder werden jedes Jahr wieder neu herausgebracht, und durch großzügiges Spenden aus der Gemeinde als Dankeschön für die Musik der Sternsinger kommen Jahr um Jahr wieder hohe Summen zusammen, die Kindern in Not durch Projekte des Kindermissionswerkes zugute kommen.
Dieses Jahr steht das Sternsingen unter dem Motto „gemeinsam gegen Kinderarbeit- in Indien und anderswo“. Auf einer Sammeldose habe ich das Bild von Neetu, 8 Jahre, einem Mädchen aus Indien aufgeklebt, die uns bedrückt anschaut: von morgens 5 Uhr bis abends 20 Uhr arbeitet sie mit anderen Kindern in der Schmuckherstellung, bei der Glasringe in einer Kerosinflamme verschmolzen werden. Giftige Dämpfe entstehen, die schon Neetus Vater die Gesundheit, ja das Leben gekostet haben. Die Kinder in der Familie müssen mitarbeiten, um die Schulden zurückzahlen zu können, die beim Erwerb der Medikamente für den erkrankten Vater entstanden sind- ein Teufelskreis, in dem es nach dem Tod des Vaters nun um das Leben der Kinder geht, die statt eine Schule besuchen und lernen zu können, gesundheitsgefährdende Arbeit verrichten müssen, die sie immer tiefer in die Armut treibt. ...
Das beim Sternsingen zusammengesungene Geld ermöglicht Eltern in Indien und anderswo, den Unterhalt der Familie zu verbessern, etwa durch den Ankauf von Ziegen, durch die Milch und Käse für den Verkauf auf dem Markt gewonnen wird. So wird vielen Kindern der Besuch einer Schule ermöglicht, die bisher durch sklavenartige und krankmachende Kinderarbeit daran gehindert sind. Und auch wir in Deutschland können durch Veränderung unserer Kauf- und Konsumgewohnheiten mit dazu beitragen, Kinderarbeit den Kampf anzusagen, indem wir beim Kauf von Textilien, Schmuck, Fußbällen usf. nachfragen und uns für fairgehandelte Waren entscheiden, die das Zertifikat „frei von Kinderarbeit“ tragen.
„Kinder helfen anderen Kindern in Not“- Danke den vielen Tausenden Kindern, die deutschlandweit beim Sternsingen beteiligt waren, als Ergebnis kamen allein bei uns über 1800 Euro zusammen, die an das Kindermissionswerk weitergeleitet werden. Viele Menschen freuen sich über das Zeichen das Segens, das jetzt bis zum nächsten Sternsingen wieder an ihrer Tür zu sehen ist: das Kürzel C + M + B, steht ja nicht nur für die Namen der Könige Caspar, Melchior und Balthasar, sondern auch für die alte Segensbitte „Christus segne das Zuhaus; alle, die hier gehen ein und aus“.
Die als Könige verkleideten Kinder erinnern uns in diesem Jahr an die Not so vieler Kinder wie Neetu in Indien. Ihr Leben, so armselig wie das des neugeborenen Jesuskindes, ist doch beschienen vom Stern der Gnaden- Verheißung, die allen Menschen gilt- und den Kindern in unserer Welt ganz besonders.
Sternsingen ist anstrengend, ist selbst Arbeit und gleichzeitig Spiel, das Freude bereitet, auch den Beteiligten selbst, Es hat noch viel mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung verdient, im Blick auf unsere Welt, in der wir alle einmal mehr Kinder in den Mittelpunkt stellen sollten, die eigenen nicht mehr und weniger als die in anderen Ländern!