
Wort zur Woche: "Brief an eine Konfirmandin"
04.05.2019
Wort zur Woche von Johannes Ahrens, Stadtpastor in Flensburg
Liebe Felicitas,
zu Deiner Konfirmation wünscht Du Dir eine Fahrt nach Paris. Und als allererstes möchtest Du hinauf auf den Eiffelturm. Kann ich gut verstehen. Denn der Blick von oben ist wunderschön. So wie es auch sonst im Leben helfen kann, zwischendurch die Dinge mit ein bißchen Abstand zu betrachten. Manche gehen dafür in die Stille einer alten Kirche. Was ich noch faszinierend finde an diesem Turm: Wie überraschend er an allen Ecken und Enden auftaucht, wenn du unten in der Stadt zu Fuß unterwegs bist. Immer ist er irgendwie da.
Eine erstaunliche Ingenieursleistung war und ist der Eiffelturm obendrein. Er atmet den optimistischen Fortschrittsglauben der Industrialisierung. Ein Zeitalter vielleicht so revolutionär wie heute die Digitalisierung. Als wollte Gustave Eiffel Dir zurufen: „Alles ist möglich!“ Das finde ich erstmal sympathisch. Jesus sagt das ja auch. Gleichzeitig weiß Deine Generation besser noch als meine, dass Wachstum Grenzen hat. Der Klimawandel zeigt es. Auf wessen Kosten gehen turmhohe Lebensstandards? In der Geschichte vom Turmbau zu Babel setzt Gott dem Menschen Grenzen.
Und weißt Du was? Als das Bauwerk vor über 130 Jahren in Planung war, protestierten einflußreiche und berühmte Menschen gegen dessen Bau. Doch die Meinung änderte sich schnell. Längst gehört es zu den meistbesuchten Wahrzeichen der Welt
Die Stimmung kann schnell kippen. „Hosianna!“ und „Kreuzige ihn!“ können einem krasserweise auch innerhalb von 48 Stunden entgegenschallen. Da ist es gut, festen Boden unter den Füßen zu behalten, ein verläßliches Fundament - was übrigens das Gegenteil von „Fundamentalismus“ ist, denn der ist immer ein Zeichen von großer Verunsicherung.
So wünsche ich Dir Gottvertrauen, ein Gespür für Grenzen und schöne Momente zum Durchatmen. Nicht nur auf dem Eiffelturm, sondern ein ganzes Leben lang.
Dazu segne Dich Gott! Dein Johannes