Schneeglöckchen (Foto: Anne Vollert)

Wort zur Woche: "Das „sanfte Gesetz“ - Achtung vor Menschen"

08.02.2020

Wort zur Woche von Pastorin Anne Vollert, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Süderbrarup

Sanfte Lüfte kündigen den Frühling an. Da können wir einen Blick werfen auf das „sanfte Gesetz“ des Lebens, das sich der österreichische Dichter Adalbert Stifter von Herzen gewünscht hat. Sinngemäß wünscht er sich unser Leben und Handeln nicht als ein ständiges „Hau Ruck“, nicht als ein polterndes „Alles Gute vor allem für mich“. Er schreibt von einem „sanften Gesetz“, das er so kennzeichnet: „Es ist das Gesetz, das will, dass jeder geachtet, geehrt, ungefährdet neben dem anderen bestehe … dass jeder als Kleinod gehütet werde, wie jeder Mensch ein Kleinod für alle anderen Menschen ist.“

Das sind sehr edle Worte, finde ich. Wenn ein Mensch wie ein Polterer durchs Leben geht, geraten dabei viele Menschen sinnbildlich unter die Räder. Stattdessen wünscht sich der Dichter, dass jeder andere Mensch als „Kleinod“ gehütet werde.

So wünscht es sich auch Paulus. Er fasst diesen Wunsch in sehr schlichte, große Worte und schreibt (Röm 15,7): „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre.“ Der Dichter Adalbert Stifter sagt es weniger biblisch, obwohl er vermutlich ein gläubiger Mensch war. Aber er will ja nicht verkündigen, sondern still erzählen. Im Ergebnis ist er dann ganz nah an der Hoffnung von Paulus: Wer den Menschen achtet, der ehrt Gott.

Oft können wir nicht verstehen, warum Menschen so sind, wie sie sind; warum aus ihnen gerade das geworden ist, was uns manchmal anzieht oder eher abstößt. Und weil wir vieles – manchmal auch an uns selbst – nicht gut verstehen können, sollten wir in unseren Sinnen „sanfter“ zu sein versuchen. Das meint: wir sollten weniger urteilen, auch im Stillen.

Es gibt auch stilles Erbarmen. Man kann sich auch im Stillen seiner Urteile enthalten. Damit ist schon viel gewonnen.

Man muss Menschen nicht lieben, wenn man sie achtet. So ehrt man Gott.