
Wort zur Woche: Das Unerwartete erwarten (zu Lk 5, 1-11)
10.07.2020
Wort zur Woche von Pastorin Anne Vollert, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Süderbrarup
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Mitten am Tag bittet Jesus den Fischer Simon, später Petrus, auf den See Genezareth herauszufahren. Der wundert sich: Zum Fischen fährt man aber doch nachts heraus …? Und in der letzten Nacht war kein einziger Fisch im Netz. Doch Petrus lässt sich auf Jesus ein, wirft die Netze aus und fängt den Fang seines Lebens.
Erwarten wir eigentlich noch das Unerwartbare? Vermutlich ebenso wenig wie Petrus. Der Alltag stumpft uns eher ab. Und gedämpfte Erwartungen verhindern Enttäuschungen. Das klingt bequem, ist aber auch schade: das Leben geht vorüber und wird eintönig. Aber Petrus ließ sich darauf ein, ein winziges Flämmchen der Hoffnung glomm noch in ihm.
Man muss das noch nicht einmal ein Wunder nennen. Es war einfach anders als das, was man sonst so macht.
Für Petrus bedeutete das eine Lebenswende. Er wurde ab sofort „Menschenfischer“, wie es im Bibeltext früher hieß. Menschen fangen, das ist nicht abwertend gemeint. Petrus wird ab sofort ein Bote des Unerwarteten. Er ist ab sofort unterwegs, um von der Hoffnung zu sprechen, vom Glauben, und von der Liebe. Er schult sozusagen bei Jesus um: dafür ist es nie zu spät.
Wir sind als Kirche, als Gemeinde auch zum Menschen „fangen“ berufen. Nicht zu verbissenen Missionaren, die mit der Wahrheit hausieren gehen, sondern zu Zeuginnen und Zeugen des Unerwartbaren, des Neuen. Nichts muss so bleiben, wie es ist. Eine Hoffnungsbotschaft, die wir, wie Petrus, bei Jesus lernen können. Sie holt uns aus dem alten Trott, singt ein neues Lied gegen die alte Leier und schenkt neues Leben.
Was wir dafür tun müssen? Uns mitten am Tag aufs offene Wasser wagen und alles, was wir gelernt haben und für richtig halten, einmal hinten anstellen. Schlimmstenfalls kommen wir mit leeren Netzen heim. Dann versuchen wir es eben morgen noch einmal.