
Wort zur Woche: "Dem Himmel nah"
20.05.2018
Wort zur Woche von Hans Baron, Studienleiter an der Akademie Sankelmark
„Da will ich rauf!“ ruft Nele begeistert, während Timo seinen Blick ängstlich auf die Turmspitze richtet. Nele stürmt voran und muss gebremst werden, damit sie die steilen hölzernen Stufen nicht zu schnell nimmt. Timo gefällt es an der schützenden Hand der Lehrerin. Heute geht es gemeinsam mit dem Pastor hinauf auf den Kirchturm der Dorfkirche. Kirchtürme üben nicht nur auf Kinder eine große Faszination aus. Auch Erwachsene reizt der abenteuerliche Aufstieg in die Kanzel des Turmes.
Die Christen der ersten Jahrhunderte haben ihre Gottesdienste noch im Untergrund versteckt in den dunklen Katakomben Roms gefeiert. Doch schon seit dem 6. Jahrhundert ragen Kirch- und Glockentürme neben den Gotteshäusern in die Höhe. Mancherorts trägt ein Glockenstapel, ein hölzerner Turm, die Glocken. Der Kirchturm wird in unterschiedlicher Form wichtiges Kennzeichen christlicher Kirchen. Und das, obwohl die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel hohe Bauwerke stark kritisiert. Paulus bezeichnet die Glocke gar verächtlich als tönendes Erz und klingende Schelle.
Der christliche Glaube hat sich immer wieder neuen und auch fremden Einflüssen geöffnet, das ist eine seiner Stärken. Kirchtürme sind die sichtbaren Zeichen dafür, Mut und Gesicht zu zeigen. Sie zeugen von der Kraft, die Stimme mutig im Namen des christlichen Glaubens zu erheben, so wie es Petrus am ersten Pfingstfest wagt. Heute setzt sich die christliche Kirche für menschenwürdiges Leben und für die Schwächsten der Gesellschaft ein. Nele ist begeistert, was sie von oben alles sehen und wie weit sie schauen kann. Kirchtürme sind auch Zeichen dafür, dass der offene Blick bereichert und belebt. Und Nele fühlt sich dem Himmel näher, der zu weitem Denken anregt und ermutigt.