Foto: Johannes Ahrens

Wort zur Woche: "Die etwas anderen Flensburger Punkte"

30.06.2018

Wort zur Woche von Johannes Ahrens, Stadtpastor in Flensburg

Flensburg ist die Stadt der Punkte. Klar. Doch seit ein paar Tagen wächst der Bestand um einige mysteriöse Exemplare. Rund um die Rathausstraße sprühen Herr Faatz und Herr Weidmann vom TBZ blaue, rote und rosafarbene Kreise auf das Pflaster. Fragende Gesichter und Stirnrunzeln sind den beiden sicher. „Sonst müssen Sie so etwas doch eher entfernen?“ wundert sich jemand. „Und das von unseren Steuergeldern!“ ruft ein anderer im Vorbeigehen.

Die Idee hinter der als „Begegnungszone“ markierten Fläche: „Die gegenseitige Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer aufeinander fördern“. So steht es in den Info-Blättern des Fachbereiches Stadtentwicklung und Klimaschutz, mit denen man sich an den Ampeln versorgen kann. Und: „Alle Verkehrsteilnehmer sind gleichberechtigt“.

Ich finde die Aktion prima. Denn das Verhalten im Straßenverkehr ist für mich so etwas wie ein Pulsmesser unseres menschlichen Miteinanders. Daran lässt sich ablesen, wie es um den sozialen Blutdruck bestellt ist. Wer Vorfahrt für sein Lebensmodell beansprucht. Verkehrsexperten sagen: Die Aggression ist in den letzten Jahren meßbar gestiegen. Da lasse ich mir gerne beim Herunterfahren des inneren Geschwindigkeitsgebers helfen. Vielleicht funktioniert es ja auch umgekehrt? Dass Entschleunigung im Strassenverkehr zu einem entspannteren Leben führt.

Was mich besonders fasziniert: dass probehalber sogar die Ampel ausgeschaltet wird. Anstatt das vermeintlich eigene Recht blind durchzusetzen die eigene Aufmerksamkeit zu schulen: Wer braucht gerade Vorfahrt? Und wo sollte ich zügig weitergehen, um Platz für andere zu machen? Könnte man sich ja auch sonst mal fragen. Hinsehen. Nicht nur auf der Strasse. Daran lasse ich mich in den kommenden Monaten durch die etwas anderen „Flensburger Punkte“ gerne erinnern.