Foto: Michael Haalbeck

Wort zur Woche: "Mitten im Sturm"

09.02.2019

Wort zur Woche von Pastorin Anne Vollert, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Süderbrarup

Jesus selbst will auf den See. Ob er schon ahnt, was dann kommt? Jesus selbst schickt seine Jünger sozusagen ins Ungewisse, aufs offene Meer, bildlich gesprochen, also in die Unsicherheit. Das geht oft nicht gut, auf den ersten Blick. Es ist, als stelle uns Jesus auf die Probe und frage: Lasst ihr euch von Glauben auch tragen, wenn das Gewohnte neben euch nicht mehr da ist?

 Die Stillung des Sturms mag so geschehen sein, wie die Evangelisten sie weitererzählen. Viel wesentlicher aber ist das Sinnbild hinter der Geschichte. Manchmal trägt uns nichts mehr – weder wir selbst tragen uns noch die Sachen, die uns umgeben. Woran halten wir uns dann fest?

Das Auftreten der deutsch-jüdische Dichterin Else Lasker-Schüler, die am 11. Februar 150 Jahr alt würde, war spektakulär. Kein Problem im Berlin der 1920er-Jahre; im Nationalsozialismus aber doch und sie emigrierte über die Schweiz nach Jerusalem, wo sie 1945 starb und begraben ist.

Sie lebte Sturm und Wagnis.  Ihre Gedichte sind von eigenwilliger Sprachkraft. Eine ihrer schönsten Zeilen lautet: Es ist ein Weinen in der Welt, als wenn der liebe Gott gestorben wär. (in „Weltende, 1905).

Fahrt ans andere Ufer, bittet Jesus. Er weiß, was er uns damit zumutet. Offene See ist oft schutzlos; jedenfalls äußerlich. Denn nun tritt Jesus ja seinen Jüngern gegenüber und bietet den Glauben gegen die Furcht. Was sich leichter sagt als tun lässt. Manche müssen es tun, weil sie wirklich nichts mehr haben zum Festhalten. Außer ein paar Worten auf den Lippen. Manchmal merken sie, dass diese Worte sie tragen. Dann beten sie diese Worte, mitten im Sturm, und finden etwas Ruhe.

Gott bewahrt uns nicht vor jedem Sturm. Er möge er uns dann das schenken, was er Jesus schenkte: Das Beten von Worten, die uns zur Ruhe bringen und den Sturm in uns legen.