Foto: Anja Stadtland

Wort zur Woche: "Routen-Neuberechnung"

24.08.2019

Wort zur Woche von Pastorin Anja Stadtland, Ev.-luth. Kirchengemeinde Adelby/Flensburg

Nachts wechseln wir uns ab am Steuer. Hunderte von Kilometern liegen zwischen unserem Urlaubsort und dem Heimathafen Flensburg. Schnell kommen wir nicht vorwärts mit dem Wohnwagen. Gleichmäßig gleiten wir durch halb Europa. Ab 23 Uhr wird es auch auf der Rückbank ruhiger. Einer fährt – alle anderen schlafen.

Als Beifahrerin ist der Schlaf nicht tief. Irgendwo zwischen Traum und Wirklichkeit erreicht mich ein Notruf: „Ich fahre jetzt ungelogen zum dritten Mal durch dieses Industriegebiet. Die Umleitung führt mich immer im Kreis. Du musst mir jetzt helfen.“ Verschlafen bin ich, verwirrt zwischen den Welten, versuche, die Lage zu erfassen: Wir sind in Köln, irgendwo in Köln.

Fahrbahnverengung auf der Autobahn wegen einer Baustelle. Mit dem breiten Wohnwagen werden wir jetzt umgeleitet und, wie es scheint, in die Irre geführt. Kein Auto weit und breit, dem man folgen könnte, nur ein polnischer LKW der uns folgt. Die Navi-Frau wiederholt gleichbleibend freundlich ihre wenig hilfreiche Routen-Neuberechnung in Endlosschleife. Ich ahne: So kommen wir aus Köln nie mehr weg. Eine analoge Straßen-Karte habe ich nicht, und mein Handy hat kein Netz.

Fahrer und Beifahrerin werden ungehaltener, lauter. Streit aus Verzweiflung hängt in der Luft. „Kannst Du nicht...?“ „Hier war'n wir schon!“ „Da kommen wir nicht durch!“ „Aber wir müssen doch irgendwie rüber, über den Rhein!“

In einem kurzen Moment der Stille kommt eine vorsichtige Stimme von hinten: „Papa, ich hätte vielleicht eine Lösung. Soll ich die Navigation machen?“ Ruhig und besonnen übernimmt unser Sohn – nicht das Steuer, aber Verantwortung. Wir vertrauen ihm sofort – seine Sicherheit steckt an. Sein Vater tut, was er sagt. Dann ist es geschafft. Wir überqueren den Rhein – der Dom ist beleuchtet.

Entspannung macht sich breit. Ich schließe die Augen und sitze mit den Jüngern Jesu in einem Boot. Der Sturm tobt, Jesus schläft, wird wach, steht auf, bedroht den Wind und befiehlt dem Meer zu schweigen. Der Wind legt sich und alles kommt zur Ruhe. So einfach geht das mit dem Glauben!