
Wort zur Woche: "Von oben nach unten"
08.04.2019
Wort zur Woche von Dirk Arning, Ev. Prediger, Gemeinschaft Schleswig
Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen: Es will nicht so richtig klappen, wenn jemand erst mal oben angekommen ist. Da sind in einem Verein, einem Verband, in der Politik Posten ganz oben neu zu vergeben und die KandidatInnen treten mit großen Versprechen an: Wenn wir erst mal das Sagen haben, dann misten wir den bisherigen Saustall aus; dann gibt es keine Vetternwirtschaft mehr, Selbstbedienung wird dann nicht mehr geduldet, dann steht wieder der kleine Mann, die kleine Frau im Mittelpunkt. Kaum sind sie oben angekommen, werden mit einem Mal die gleichen Muster sichtbar wie bei den Vorherigen. Und damit ist wieder eine neue Enttäuschung verbunden, weil ich gehofft hatte, dass es nun nachhaltige Veränderung und Erneuerung gäbe.
Innerlich denke ich dann manchmal: Wenn ich dort oben wäre, würde ich alles besser machen! Und zugleich schleicht sich im Herzen der Zweifel ein, ob ich denn wirklich so viel anders, sowenig angreifbarer als die anderen bin. Würde ich vielleicht auch stolpern und mich im Netz der Intrigen und Interessen verfangen?
Und dann hören wir die Aussage: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.“ Das klingt fast nach den üblichen Sprüchen derer, die an die kleine und große Macht kommen wollen. Aber dieser Satz kommt von dem, der schon alle Macht hat, der schon oben ist und der dann seine Komfortzone verlässt, um in die Niedrigkeiten des Alltags, die Verlorenheiten menschlichen Lebens wirklich einzutauchen und sie zu seinen eigenen macht. Der allmächtige Gott kommt in Jesus Christus ganz unten an. Er wird einer von uns. Er macht nicht nur große Versprechen, sondern setzt mit dem Tod am Kreuz seine Existenz aufs Spiel, um uns zu neuem Leben zu befreien. Daran gedenken Christen in der Passionszeit.