Flensburg setzt sich an einen Tisch

Sich an einen Tisch setzen. Miteinander reden, einander in die Augen sehen, zusammen essen, etwas singen. Miteinander teilen, einander mitteilen. Das ist eine beglückende menschliche Grunderfahrung - und ein religiöses Symbol. Psalm 23 oder Jesu Abendmahl sind nur zwei Assoziationen. Selber kochen, hochwertiges Essen oder „White Dinner“ liegen im Trend - möglicherweise sind das Indizien für Sehnsucht nach Gemeinschaft, nach Begegnung, nach Echtem, Authentischem, nach nicht Geldförmigem.

Was im alltäglichen Maßstab geht, funktioniert auch in einem größeren Rahmen. Gastgeber ist Jesu, Kirche sein Lautsprecher, und jeder Mensch ist berechtigt wie gerufen, selbst Gastgeber*in zu werden oder einfach an der gedeckten Tafel Platz zu nehmen. Hinzu kommt, dass in Flensburg die partei- und gruppenübergreifende Initiative für ein „Buntes Flensburg“ zuhause ist, an der auch Kirche mitarbeitet.

Deshalb bittet Kirche an einem schönen Sommertag Flensburger*innen an eine 850m lange Tafel, die beide städtebaulichen Pole, Norder- und Südermarkt mit ihren jeweiligen Kirchen St. Marien und St. Nikolai, miteinander verbindet. Hierzu werden Menschen der Stadt eingeladen, als Gastgeber*in für jeweils 1-2m Tisch verantwortlich zu sein, d.h. Speisen und Getränke sowie bei Lust Deko mitzubringen. Tische, Bänke sowie Salat werden vom Kirchenkreis gestellt. Das Ganze wird verbreitet und im Rahmen des Reformationsjubiläums im Kirchenkreisgebiet an verschiedenen Orten durchgeführt.

Die Bandbreite der Gastgeber*innen war beachtlich. Sie reichte von der Wohngruppe für psychisch Erkrankte über ein Kollegenteam der örtlichen Sparkasse, vom Unternehmensberater zum syrischen Flüchtling, von Kirchengemeinden der lokalen Ökumene bis zu ansässigen Restaurants.

Ebenso breit gestreut war die Bandbreite der Gäste: es gab Menschen aus der Obdachlosenszene, die mehrfach Platz nahmen, um endlich einmal ordentlich satt zu werden. Es gab zufällig vorbeikommende Touristen aus anderen Ländern und natürlich gab es auch Freunde und Angehörige an den Tischen.

Ich habe den Tag als heiter und gelassen in Erinnerung.