Andacht zum Palmsonntag
Andacht am 5. April 2020 – Palmsonntag
10.55 Uhr – 11. 00 Uhr Glockengeläut
11.00 Uhr Kerze anzünden (in den Kirchen: Osterkerze)
Lesung am Palmsonntag aus dem Hebräerbrief im 11. Und 12. Kapitel:
Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. In diesem Glauben haben die Alten Gottes Zeugnis empfangen.
Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns umstrickt. Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes. Gedenkt an den, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, dass ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.
Stille
Lied: (nicht im Gesangbuch)
1. Möge die Straße uns zusammen führen und der Wind in deinem Rücken sein;
sanft falle Regen auf deine Felder und warm auf dein Gesicht der Sonnenschein.
Refrain:
Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand;
und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand.
2.Führe die Straße, die du gehst, immer nur zu deinem Ziel bergab;
hab', wenn es kühl wird warme Gedanken, und den vollen Mond in dunkler Nacht.
3.Hab' unterm Kopf ein weiches Kissen, habe Kleidung und das täglich Brot;
sei über vierzig Jahre im Himmel, bevor der Teufel merkt: du bist schon tot.
4.Bis wir uns 'mal wiedersehen, hoffe ich, dass Gott dich nicht verlässt;
er halte dich in seinen Händen, doch drücke seine Faust dich nie zu fest.
Ein paar Gedanken dazu:
Wie oft habe ich dieses Lied schon gesungen – und ja nicht nur ich, Familie Möller ja auch! – es verbindet mich mit so vielen schönen Ereignissen, die ich in Gottesdiensten schon gefeiert habe: zur Hochzeit, zur Konfirmation – und manchmal einfach so. Und Hilke Möller war schon mal die „Ideengeberin“ für dieses schöne Lied: Wir haben es letztes Jahr auf unserem Open-Air-Gottesdienst an der Marienkirche gesungen. Da passte es auch besonders gut – mit Blick auf die Wiese mit den Pferden…
Die irischen Segen (slieder) brauchen keine Übersetzung – sie leben von den Bildern, die sie freisetzen. Es braucht auch keine Voraussetzung, um an ihnen teilhaben zu dürfen. Jeder und jede von uns – egal, wie alt, wie gesund, wie schlau oder wie reich – jeder und jede von uns ist unter der Sonne, kann Wind und Regen spüren, manchmal genießen, manchmal sich dagegen an stemmen und darüber jammern.
Menschen, die mit der Landwirtschaft verbunden sind oder einen Garten ihr Eigen nennen, wissen ganz genau, was es bedeutet, jemandem einen sanften Regen zu wünschen. Es ist der Regen, der nicht zerstört. Es ist der Regen, der wachsen lässt und wie ein Segen aus dem nackten Boden das frische Grün hervorlockt.
Um Segen geht es auch in diesem Lied – um den guten Wunsch, den man einem lieben Menschen mit auf den Weg geben möchte. Dass dieser Weg ein Leichter sein möge – auch, wenn man natürlich weiß, dass da auch Steine liegen werden und dass kein Mensch seinen Weg immer nur mit größter Leichtigkeit geht. Aber das, was uns zugedacht ist, möge uns nicht um die Lebensfreude bringen – nicht um das Gefühl, am Ende dankbar zurückschauen zu dürfen auf das, was war. Und dann möge es einen Tag geben, an dem man sich wiedersehen darf – von dieser Hoffnung lebt das Lied.
Im Augenblick hoffen und sehnen wir genau das: Sich voneinander fernhalten müssen, aber doch in guten Gedanken miteinander verbunden sein. Sich nicht aus den Augen verlieren in einer Zeit, die uns so viel abverlangt. Beieinander bleiben und füreinander im Gebet und in der Fürsorge verbunden sein und von der Hoffnung leben: Irgendwann nehmen wir uns wieder in die Arme! Und solange dies nicht geht, möge Gott es sein, der seine Hand über uns und dich halten möge!
Bei der dritten Strophe habe ich ein bisschen gezögert, ob wir sie singen sollen – manchmal habe ich sie schon weggelassen. Manche sagen: mit dem Tod macht man keine Witze. Aber ich weiß auch: Gerade Kinder singen diese Strophe oft besonders gern. Es ist wie dem Tod ein Schnippchen schlagen. Es ist aus dem vollen Vertrauen heraus gesungen: Gott passt schon auf mich auf! Ich brauch mich nicht fürchten! Dieses kindliche Vertrauen, das wünsche ich uns gerade jetzt in diesen Zeiten.
Es tut so gut, sich von einem Kind sagen zu lassen: So ist es doch! Gott passt doch auf alle auf!
Ja, tut er das? Möchte ich manchmal vorsichtig fragen. Drückt er nicht manchmal seine Faust auch ziemlich fest?
Warum lässt unser Gott so etwas zu?
Aber so fragt ein kleines Kind nicht. Es stellt nicht in Frage. Es vertraut einfach. Manchmal ist das schwer auszuhalten.
Ich spüre selber nur im Augenblick: Mit meiner Frage nach dem „Warum?“ komme ich nicht weiter. Sie hilft mir nicht im Akzeptieren. Sie hilft mir auch nicht, um einen Weg zu finden, um in der Krise leben, überleben zu können.
Mit dem Palmsonntag heute beginnt die vielleicht schwerste Woche für uns Christinnen und Christen. Vom Halleluja der Begeisterung werden wir Jesus bis ans Kreuz folgen, wenn wir nicht vorher, wie seine Freunde, alle weglaufen wollen. Auch das wird schwer auszuhalten sein. Aber in diesem Jahr ist uns der plötzliche Stimmungsumschwung wahrscheinlich so nah wie noch nie in unserem Leben. Wir haben ihn selber gerade erlebt. Plötzlich ist alles still.
Wir werden mit Jesus ziehen – und vielleicht werde ich das erste Mal in meinem Leben begreifen, dass es diesen Karfreitag gibt. Ganz real. In meinem eigenen Leben – in unserem ganz eigenen Leben. Vielleicht ist das der Sinn, weshalb wir den Karfreitag schon immer begangen haben. Wir haben der Traurigkeit einen Platz in unserem Leben gelassen – weil wir heimlich wussten: Sie gehört zu unserem Leben dazu.
Ich kann Karfreitag aushalten, weil ich weiß: Danach kommt Ostern. Der dritte Tag wird kommen!
Vielleicht singe ich das Lied „Möge die Straße uns zusammenführen“ auch deshalb so gern, weil eine Ahnung von Ewigkeit in ihm liegt. Nicht alles geht in diesem Leben auf. Nicht alle Versöhnung geschieht. Nicht jeder Weg führt in diesem Leben wieder zusammen. Aber im Singen liegt eine Hoffnung, dass da eine Zeit kommen möge, die ich selbst nicht machen kann. Gott wird diese Zeit heraufführen, das ist meine Hoffnung. Gott wird heil machen, was offen bleibt in diesem Leben. Gott wird unseren Weg über dieses Leben hinaus segnen. Und dann wird es gut sein – vielleicht ist es kindlich, so zu glauben. Ich aber spüre: Nur so kann ich auch das Schwere annehmen. Es ist Teil meines Lebens – unseres Lebens – wie die Woche, in die wir jetzt gehen. Im Glauben gehen wir zusammen. Amen.
Fürbitte
Guter Gott, wie ein Kind vertrauen können – wie oft haben wir uns das schon gewünscht!
Wir danken dir für die Kinder, die unser Leben bereichern. Sie tun so gut.
Gott, wir bitten dich für die Kinder, deren Lachen wir brauchen – deren Lachen uns fehlt.
Dass sie behütet bleiben in ihren Familien.
Für die Mütter, für die Väter, dass sie ihre große Verantwortung an den Kindern annehmen.
Für alle, die getrennt sind voneinander:
Dass wir uns bald wieder sehen – Kinder und Eltern – Kinder und Großeltern.
Wie sehr wünschten wir uns, dass alles bald gut wird!
Gott, wir bitten dich um ein kindliches Vertrauen, wo uns die Angst umgibt.
Um eine Zuversicht, die Mut macht.
Um eine Kraft, die mitträgt.
Du, Gott, bist uns auch im Leid ganz nah,
damit wir bei den Leidenden sein können
und nicht wegsehen.
So vieles möchten wir dir anvertrauen.
Wir bitten dich: Erhöre uns, wenn wir miteinander beten, wie uns unser Bruder Jesus Christus zu beten gelehrt hat:
Vaterunser (in den Kirchen Geläut)
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unserem Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Segen: Gott segne uns und behüte uns, Gott lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden.
Amen.