Andacht am 10. Mai 2020 – Sonntag Cantate! (Singet!)

 10.55 Uhr – 11. 00 Uhr Glockengeläut

(In der Marienkirche mit Orgelvorspiel)

Entzünden der Kerze

Worte aus dem Kolosserbrief im Neuen Testament
So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld;
und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!
Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.
Und der Friede Christi, zu dem ihr berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar.
Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen.
Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.

Stille


Lied: EG 334 Danke
1.) Danke für diesen guten Morgen,
danke für jeden neuen Tag.
Danke, dass ich all meine Sorgen auf dich werfen mag.

2.) Danke für alle guten Freunde,
danke, oh Herr, für jedermann.
Danke, wenn auch dem größten Feinde ich verzeihen kann.

3.) Danke für meine Arbeitsstelle,
danke für jedes kleine Glück.
Danke für alles Frohe, Helle und für die Musik.

4.) Danke für manche Traurigkeiten,
danke für jedes gute Wort.
Danke, dass deine Hand mich leiten will an jedem Ort.

5.) Danke, dass ich dein Wort verstehe,
danke, dass deinen Geist du gibst.
Danke, dass in der Fern und Nähe du die Menschen liebst.

6.) Danke, dein Heil kennt keine Schranken,
danke, ich halt mich fest daran.
Danke, ach Herr, ich will dir danken, dass ich danken kann.

Einige Gedanken zu dem Lied
Was bin ich froh, dass ich eine „Nachgeborene“ bin. Ich bin eine, die die Auseinandersetzungen, die es einst um dieses Lied „Danke“ gegeben hat, nur noch den Spuren im Internet entnimmt.
Da lese ich zum einen, dass es dieses Lied aus der Feder von Martin Gotthard Schneider 1961 als einziges kirchliches Lied jemals geschafft hat, sich über 6 Wochen in den Singlecharts zu halten!
Das heißt, das Lied war so populär, dass es sogar außerhalb von Kirchenmauern geträllert und abgespielt wurde … vielleicht wäre es sogar in der Disco gespielt worden! Man stelle sich das mal vor!
Aber wie es solchen Berühmtheiten meistens ergeht: Es war natürlich nicht unumstritten – und so gab es auf der anderen Seite böse Schmähungen und Verwerfungen. Das Lied genügte in den Augen mancher strenger Theologen nicht. Es sei zu seicht ….
Ehrlich gesagt: Davon gibt es heute noch manche, die so denken. Manche PastorInnen hätten das Lied wohl auch heute noch lieber in den Kindergottesdienst verbannt. Es soll Organisten geben, die sich weigern, das Lied zu spielen (selbst erlebt!) …
Mir selbst geht es nicht so. Ich muss zugeben, dass die Traugottesdienste, in denen ich die Liedwünsche des Brautpaares berücksichtige, musikalisch etwas abwechslungsreicher sein könnten J , aber andererseits bin ich dankbar, dass es überhaupt noch Lieder gibt, die den jungen Brautpaaren ein Lächeln und eine Erinnerung ins Gesicht zaubern: „Ein Liedwunsch? Nein. Eigentlich nicht. … Aber warten Sie mal: Da gab es doch dieses Lied mit dem „Danke“…“
Auch bei uns in der Gemeinde gab es heute gleich zwei Menschen, die sich dieses Lied gewünscht haben: Annelise Schmidt aus Rabenkirchen und Traude Goos. Und anders als meine Brautpaare vermute ich, dass die beiden es nicht aus dem Konfirmandenunterricht kennen – jedenfalls nicht aus dem eigenen.:-)
Das Lied, so oft schon gesungen, erinnert an all die schönen (und manchmal auch traurigen) Ereignisse, zu denen es in den Gottesdiensten gesungen wurde. Das ist das eine.
Das andere ist: Das Lied ist ja wahr!
Und es macht es allen Menschen (oder jedenfalls fast allen Menschen) möglich, sich in den Dank einzufinden, denn es geht um den ganz normalen Alltag – nicht um irgendetwas, was man sich erst leisten müsste oder nie leisten könnte.
Es geht nicht um die Kreuzfahrt, nicht einmal um die Urlaubsreise. Es geht nicht um rauschende Feste und auch nicht um Karriere oder Erfolg. Es geht um die vielen tausend Kleinigkeiten, die meinen Alltag ausmachen – und die ihn erst schön machen. Dass da Menschen sind um mich herum. Dass die Natur aufbricht und sich in so vielen bunten Farben schenkt.
Und auch, dass ich Arbeit habe – gerade in diesen Wochen erahnen wir, dass es längst nicht selbstverständlich ist, einen festen Arbeitsplatz zu haben und zu wissen, dass am Monatsanfang genügend Geld auf dem Konto ist.
Und mit der Arbeitsstelle, die jetzt bei so vielen Menschen in Gefahr ist, ist ja außer dem Geld noch so viel anderes verbunden:
Arbeit macht auch Spaß! Arbeit schafft Anerkennung und die gute Zusammenarbeit mit Arbeitskolleginnen und -kollegen ist Gott sei Dank für viele Menschen tagtäglich ein Grund, fröhlich aufzustehen!
Arbeit gibt dem Leben auch einen Sinn. Im Augenblick geraten viele Menschen, gerade diejenigen, die mit Tourismus zu tun haben, neben den Existenzsorgen in eine richtige Sinnkrise. Mögen es gute Lösungen sein, die sich auftun werden!
Was mir an dem Lied besonders gut gefällt, das steckt in dem „Danke für manche Traurigkeiten“. Es klingt ja auf den ersten Blick etwas befremdlich: Warum sollte ich für etwas, das mich traurig gemacht hat, dankbar sein? Wofür ist Streit, Tod, Abschied und Trennung gut?
Gerade jetzt in dieser Zeit, die ja der ganzen Menschheit in ganz unterschiedlicher Auswirkung so viel Leid auferlegt, stellt sich ja besonders die Frage: Wofür ist das gut? Welchen Sinn macht das, dass wir mitten aus dem vollen Leben herausgerissen und geworfen sind auf Situationen, die wir uns nie im Leben noch vor wenigen Wochen vorstellen konnten?
Nicht in den Urlaub fahren, geschweige denn ins Ausland fliegen? Masken tragen? Lieferengpässe hinnehmen und Schlange stehen? Wo sind wir denn?
Ich muss zugeben: Ich kenne keine Antwort. Ich weiß nicht, wozu Corona gut ist.
Worauf ich vertraue, ist dies: Dass es Sinn macht, nicht den „alten“ Zustand unserer Weltwirtschaft und unserer Unbekümmertheit einfach nur wieder herstellen zu wollen.
Dass es Sinn macht, nachdenklich zu werden und sich zu fragen: Was brauchen wir? Was hilft dieser Welt? Und ich bin froh, dass es Politikerinnen und Politiker gibt, die genau die gleichen Fragen jetzt stellen und nach Antworten suchen.
Es wird nicht einfach werden, das glaube ich auch. Aber ich freue mich, dass in dieser Traurigkeit die Fragen (die längst schon überfällig sind) einen neuen, einen tieferen Sinn bekommen.
Das haben mir übrigens schon manche Menschen erzählt, die einen Angehörigen über Monate im Sterben begleitet haben. Ausgerechnet die schwersten Wochen möchten sie in ihrem Leben nicht missen. Denn es hat sie noch einmal mehr miteinander verbunden, weil sie zusammen das Schwere getragen haben.

Danke für manche Traurigkeiten … wie wahr!

Vielleicht sind es noch ganz andere Zeilen, die Ihnen am Dankelied so gut gefallen  - das ist ja auch das Schöne, dass dieses Lied jedem und jeder ihre eigene Geschichte eröffnet.
Das Schöne, das Helle und die Musik …
Und am Schluss die Dankbarkeit an sich – darüber hatte ich vor kurzem schon geschrieben.
Wer nicht dankbar sein kann, der kann dieses Lied nicht singen. Dem wird sich keine Erinnerung eröffnen. Dem geht nicht das Herz auf. Wie schade wäre das!
Ich stelle mir vor, wie in den 60er Jahren an allen Ecken und Enden 6 Wochen lang das Dankelied aus den Radios gekommen ist: Aus den Baustellenradios der Handwerker, am Küchentisch und bei den Tanzabenden auch. Discos gab es ja damals noch nicht. Aber gerne und viel getanzt haben die Menschen damals auch. Davon habe ich schon gehört. Und gesungen dabei womöglich auch. Vielleicht das Dankelied. Das hat es bis heute geschafft. Wie schön!

Stille

Fürbitte
Guter Gott,
es gibt so viel Grund „Danke“ zu sagen. So vieles, aus dem wir selbstverständlich gelebt haben.
Doch unser Leben ist weltweit aus den Fugen geraten.
Warum passiert uns das?
Warum können wir nicht einfach weitermachen wie immer?
Es war doch alles gut – oder??
Gott, dein Blick auf diese Welt ist so viel größer als unser menschliches Herz es jemals erfassen kann.
Manchmal ist es schwer zu ertragen, dass wir nicht alle Antworten wissen. Jetzt und sofort. Oder überhaupt.
Gott, wir bitten dich für alle Menschen, die in diesen Wochen erleben müssen, wie um sie herum ihr Lebensplan zerbricht.
Wir bitten dich für alle, die in Angst leben – in Sorge um sich selbst – in Sorge um ihre Lieben.
Wir bitten dich, dass wir eine Gemeinschaft bleiben  - dass wir Menschen bleiben, die füreinander Verantwortung wahrnehmen.
Dass wir aufeinander achten und die Menschen besonders im Blick haben, die uns jetzt brauchen können.
Gott wir bitten dich für unsere Welt,
dass wir nicht glauben eines Tages einfach wieder zurückzukehren zu den alten Mustern, die unsere Welt zerstören.
Dass wir die Chance nutzen zu fragen: Was hilft, damit deine gute Schöpfung eine Zukunft hat?
So vieles möchten wir dir anvertrauen.
Erhöre uns, wenn wir mit den Worten deines Sohnes Jesus Christus beten.

Vaterunser (in den Kirchen Geläut)
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unserem Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Segen: Gott segne uns und behüte uns, Gott lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Amen.

(Orgelnachspiel)