Andacht am 17. Mai 2020 – Sonntag Rogate! (betet!)

10.55 Uhr – 11. 00 Uhr Glockengeläut

Orgelvorspiel

Entzünden der Osterkerze

Begrüßung
Gelobt sei Gott, der mein Gebet nicht verwirft noch seine Güte von mir wendet!
Liebe Gemeinde,
wie schön, dass wir wieder Gottesdienst zusammen feiern dürfen – am Sonntag Rogate! – das heißt: Betet! Zusammen beten – wie wenig selbstverständlich ist es plötzlich geworden in den vergangenen Wochen.
Da ich weit genug entfernt von Ihnen stehe, darf ich auch singen und keinen Mundschutz tragen. Ich darf Sie aber einladen mitzusummen – denn es sind ja Liedandachten, die wir in den vergangenen Wochen zusammen in unseren Häusern gefeiert haben. Und so möchte ich es auch noch beibehalten – heute mit einem Liedwunsch von Karin Borngräber – deshalb sind wir heute hier   getrennt zusammen feiern. Auseinander sitzen und verbunden sein.
Und so feiern wir in der Gewissheit der Gegenwart Gottes, von der nichts uns trennen kann.
Im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Worte aus Matthäus 6,5-15
Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die Heuchler, die gern in den Synagogen und an den Straßenecken stehen und beten, um sich vor den Leuten zu zeigen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn schon gehabt. 6 Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten. 7 Und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die Heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele Worte machen. 8 Darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. Denn euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet. 9 Darum sollt ihr so beten: Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. 10 Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. 11 Unser tägliches Brot gib uns heute. 12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. 13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. [Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.] 14 Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. 15 Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.

Worte aus Kolosser 4, 2-6
Seid beharrlich im Gebet und wacht in ihm mit Danksagung! 3 Betet zugleich auch für uns, auf dass Gott uns eine Tür für das Wort auftue und wir vom Geheimnis Christi reden können, um dessentwillen ich auch in Fesseln bin, 4 auf dass ich es so offenbar mache, wie ich es soll. 5 Verhaltet euch weise gegenüber denen, die draußen sind, und kauft die Zeit aus. 6 Eure Rede sei allezeit wohlklingend und mit Salz gewürzt, dass ihr wisst, wie ihr einem jeden antworten sollt.

Stille


Lied: EG 432 Gott gab uns Atem
1.    Gott gab uns Atem, damit wir leben. Er gab uns Augen, dass wir uns sehen. Gott hat uns diese Erde gegeben, dass wir auf ihr die Zeit bestehn, Gott hat uns diese Erde gegeben, dass wir auf ihr die Zeit bestehn.

2.    Gott gab uns Ohren, damit wir hören. Er gab uns Worte, dass wir verstehn. Gott will nicht diese Erde zerstören. Er schuf sie gut, er schuf sie schön. Gott will nicht diese Erde zerstören, er schuf sie gut . Er schuf sie schön.

3.    Gott gab uns Hände, damit wir handeln. Er gab uns Füße, dass wir fest stehn. Gott will mit uns die Erde verwandeln. Wir können neu ins Leben geh´n. Gott will mit uns die Erde verwandeln – wir können neu ins Leben geh´n.

Einige Gedanken zu dem Lied
Unsere Küsterin aus Arnis, Karin Borngräber, hat sich heute das Lied gewünscht: Gott gab uns Atem. Vielleicht ist es nicht allen bekannt.
Es gehört zu den neueren Liedern – obgleich, wenn ich lese – es stammt von Eckart Bücken aus dem Jahr 1982 – dann erschrecke ich richtig. Was soll daran „neu“ sein? Sind wir „bei Kirchens“ wirklich so schwerfällig, dass ein Lied, das bald 40 Jahre alt ist, uns immer noch „wie neu“ vorkommt?
Dann müssen wir uns nicht wundern, dass wir geradezu überholt werden von jungen Menschen, die wir in unseren Kirchengemeinden nicht mehr erreichen können – weil wir einfach nicht schnell genug sind. Da wünschte ich mir manchmal mehr Flexibilität.
Karin Borngräber hat mir zu diesem Lied geschrieben:
„Gott gab uns Atem ………Ich habe mich für dieses Lied entschieden, weil es eins meiner Lieblingslieder ist und in dieser schwierigen Zeit viel aussagt.
Gott hat uns diese Erde gegeben, dass wir auf ihr die Zeit bestehn…..oder….Gott will nicht diese Erde zerstören, er schuf sie gut , er schuf sie schön.
Und besonders die 3. Strophe…..Gott will mit uns die Erde verwandeln, wir können neu ins Leben gehen.
Ja, nach überstandener Pandemie werden wir bestimmt neu ins Leben gehen.
Im Küsterarbeitskreis der Nordkirche , wo ich viele Jahre ehrenamtlich tätig war, haben wir dieses Lied zu unseren Küsterlied gemacht.
Es hat uns Berufsgruppensprecher viel Kraft und Mut und Zuversicht gegeben.“
Ja, ich glaube tatsächlich, dass es die Quellen sind, die wir jetzt brauchen, um gestärkt durch diese schwierige Zeit zu gehen. Jetzt ist die Zeit, um sich zu besinnen, auf das, was trägt.
Und ich glaube, es tut gut, zu wissen, was es für jeden einzelnen von uns ist.
Als ich von Karin Borngräber diesen Liedwunsch hörte, da wusste ich ziemlich schnell, an welchem Sonntag ich dieses Lied gerne mit Ihnen und euch singen wollte: am Sonntag „Rogate!“ – was nichts anderes heißt als „Betet“.
Wir hatten den Sonntag „Jubelt!“ (Jubilate) – wir hatten letzte Woche den Sonntag „Singt!“ (Cantate) – heute heißt der Sonntag einfach „Betet!“ – und ich finde diese Sonntage sind eine wunderbare Kurzanleitung, wie man eigentlich glauben kann – und auch, wozu das gut ist.
In dieser schwierigen Zeit, in der uns das Jubeln schwerfällt – und wir es trotzdem probieren – und in der uns das Singen in den Kirchen verboten ist – und wir trotzdem Andachten feiern und einladen: Nehmt das Lied mit nach Hause und singt es – in euren Herzen und ganz leise – und singt es ganz laut. In diesen Zeiten bleibt uns das „Rogate“ – das Betet erhalten  - ist uns nicht verboten und sind wir eingeladen, es zusammen und auch für uns, in unserem stillen Kämmerlein, wie der Evangelist Matthäus es sagt, zu tun.
Und was dann passiert, wenn wir beten, das erinnert mich an eine Geschichte, die ich gerne erzähle, wenn ich den Konfirmandinnen und Konfirmanden das Beten erklären will. Ich glaube, sie ist von Ursula Wölfel – aber ich weiß leider nicht mehr, wie sie heißt.
Sie handelt von zwei Jungen, die sich eines Tages in ihrer Hütte treffen und dort übernachten. Der eine Junge, ich nenn ihn mal Max, ist zuhause ausgebüxt, weil er Ärger zu erwarten hat. Irgendwie hat es in der Schule mit den Noten nicht geklappt und nun wird der Lehrer die Eltern anrufen. Da ist Max lieber von Zuhause weggelaufen.
Der andere Junge, Ole -  hat nicht so richtig ein Zuhause. Auf ihn wartet niemand. Er schläft häufiger in der Hütte. Ihm macht auch das Gewitter keine Angst, das gerade aufgezogen ist.
Als sie so nebeneinander liegen, hört Ole plötzlich Max leise wispern.
„Was machst´n  da?“fragt Ole Max.
„Ich bete!“ sagt Max.
„Hast du etwa Angst?“, fragt Ole. „Brauchst du nicht. Ich kenn das. Das Gewitter ist gleich vorbei.“
Max sagt lange nichts.
Und irgendwann sagt er leise: „Ich hab keine Angst. Aber jetzt weiß ich, was ich tun muss.“
Aber da ist Ole schon eingeschlafen.
Als Ole am Morgen wach wird, ist der Platz neben ihm leer.
Max ist fort. Max ist nach Hause gegangen. Zu seinen Eltern. Er wusste jetzt, was er tun sollte. Er wollte nicht weglaufen vor seinem Problem. Er will mit seinen Eltern reden. Das wird nicht einfach – Max weiß das. Aber seit er gebetet hat, weiß Max auch: Das ist der einzige Weg.

„Aber jetzt weiß ich, was ich tun muss.“ Ich glaube, liebe Gemeinde, das ist der Kernsatz. Das ist Beten. Beten ist weniger Reden als vielmehr Hören.
Beten ist in sich hinein hören und die Stimmen zum Klingen bringen, die ich vielleicht sonst mühsam niederringen muss.
Beten ist, seine Verantwortung wahrnehmen – an mir selbst – an meinen Mitmenschen und an Gottes Schöpfung. Beten macht mich aufmerksam: Was brauche ich? Was braucht der oder die Nächste? Was braucht die Welt?
Genau das wird in dem Lied beschreiben „Gott gab uns Atem“ – wir sind mit so vielen guten Gaben ausgestattet – wir sollten sie nicht verschwenden. Gerade jetzt in dieser schwierigen Zeit, in der vielen von uns deutlich wird, dass wir nicht so weiterleben werden, wie bisher, ist so eine Gelegenheit, noch einmal und ganz anders auf das Leben zu schauen.
So vieles kann anders werden – neu ins Leben gehen – da ist eine Sehnsucht in uns, die wir mit vielen Menschen teilen.
Deshalb nennen wir uns ja Christinnen und Christen, weil wir auf der Suche sind nach einem anderen Leben.  Einem Leben, das sich nicht erschöpft im Shoppengehen oder Seriengucken und auch nicht in den einfachen Antworten, von denen es jetzt so viele gibt.
Das Corona-Virus kann in uns zugleich die schlechtesten und die besten Seiten wecken.
Wir haben es in der Hand, ob wir Gemeinschaft bleiben – oder ob wir uns spalten in die Starken und die Schwachen. Die Alten und die Jungen. Die, die gut durch die Krise kommen und die, die untergehen werden.
Wir haben es in der Hand, wie wir in Europa, in der ganzen Welt miteinander umgehen werden.
Es kann nicht unser christliches Bild sein, dass wir zuallererst nur an uns selbst denken und daran, dass es uns ganz persönlich gut geht.
Gott hat uns mit einer Aufgabe betraut – daran erinnert mich das Lied „Gott gab uns Atem“  - wir sind ein Teil von seiner guten Schöpfung. Wir leben, um das Gute zu teilen und weiterzugeben. Schon immer gilt das, aber gerade jetzt, wo andere Stimmen so laut werden, tut es gut, nach innen zu hören und sich zu fragen: Was will Gott von mir? Wo ist seine Stimme in mir?
Ich bin sicher: Ich kann sie hören. Wenn ich nur will. Es wird nicht einfach werden. Max wusste das auch, als er zu seinen Eltern zurückkehrte. Aber meist ist der schwerere Weg der Bessere. Amen.

Partita zu EG 432

Abkündigungen
Kollekte:
Nächste Andacht am Himmelfahrtstag um 9 Uhr in Kappeln mit Propst Jacobs und der dänischen Pastorin Kirsten Schmidt. Am Sonntag Exaudi, 24. Mai – Andacht mit Pastor Jackisch in Kappeln um 9.30 Uhr.
Nächster Gottesdienst in Arnis am Pfingstsonntag als Gottesdienst draußen – deutsch- dänisch mit Pastorin Kirsten Schmidt. Bitte, soweit es möglich ist, einen Stuhl mitbringen.
Im Augenblick ist alles ein Tasten … wir versuchen, uns einzuüben in eine neue Form, die nicht gewollt, aber notwendig ist. Das ist nicht leicht. Ich bitte um Verständnis,  dass wir alle erst einmal üben müssen, wie es gehen kann. Aber ich bin zuversichtlich, dass es langsam langsam möglich sein wird, eine Form zu finden, in der wir Gott loben und ihm nah sind. Und darauf kommt es ja an!
Dank an Kathrin Bake, die heute wieder unsere Orgel zum Klingen bringt!

Fürbitte
Guter Gott, du kennst unsere Gedanken, noch bevor wir sie aussprechen, heißt es.
Du weisst, was wir dich bitten wollen.
Du hast uns gelehrt, wie wir beten können.
Mit deinen Worten bitten wir für uns und für alle, die wir unter deinen Segen stellen möchten:
Herr, erbarme dich!


Vaterunser (in den Kirchen Geläut)
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unserem Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Segen: Gott segne uns und behüte uns, Gott lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Amen.

Orgelnachspiel