Andacht am 26. April 2020 – Misericordias Domini

10.55 Uhr – 11. 00 Uhr Glockengeläut

 

 

Entzünden der Kerze

 

Lesung:  Psalm 23

Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.

 

Stille

 

Lied: EG 362 Ein feste Burg

 

1.    Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen. Der alt böse Feind, mit Ernst er´s jetzt meint, groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nicht seinsgleichen.

2.    Mit uns´rer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren. Es streit für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren. Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott. Das Feld muss er behalten.

3.    Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen. Der Fürst dieser Welt, wie sau´r er sich stellt, tut er uns doch nicht, das macht, er ist gericht: ein Wörtlein kann ihn fällen.

4.    Das Wort sie sollen lassen stahn und kein Dank dazu haben; er ist bei uns wohl auf dem Plan mit seinem Geist und Gaben. Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib: Lass fahren dahin, sie haben´s kein Gewinn, das Reich muss uns doch bleiben.

 

 

Einige Gedanken zu dem Lied

 

Manche mögen jetzt denken: „Das ist ja schon ein bisschen schräg:  Erst den Psalm 23 beten und dann Ein feste Burg singen – wie passt denn das zusammen?“

Auf der einen Seite der gute, barmherzige Hirte, wie er zu unserem Sonntag passt („Misericordias Domini“ ist Sonntag, das heißt „Barmherzigkeit Gottes“) – auf der anderen Seite  geradezu fast ein Schlachtruf.

Denn als solches wurde das Reformationslied von Martin Luther in der Zeit des erstarkenden Nationalismus um 1850 gerne missbraucht…

Aber beides sind Bilder, in denen die Bibel von Gott spricht – und deshalb habe ich den Wunsch von Erika Kotenbeutel aus Arnis sehr gerne heute aufgenommen.

Der gute Hirte aus Psalm 23 ist gut bekannt.

Aus dem Psalm 46 stammt dann Gott als die Burg. „Gott ist unsere Zuversicht und Stärke“ heißt es da.

Gott:

Stark wie eine Burg – barmherzig wie ein Hirte.

Ich muss zugeben: Ich liebe das Alte Testament gerade dafür, dass es so starke Bilder gebraucht.

 

Zu unterschiedlichen Zeiten im Leben sprechen mich unterschiedliche Bilder an. Manchmal rührt mich die zärtliche Seite Gottes, manchmal wünschte ich mir, mich wie ein Kind bergen zu können unter Seinem großen Schutz.

Gerade, wenn sie Zeiten schlimm sind – und ich denke, da sind wir jetzt, gerade dann, tut es mir gut, dass mir da jemand Mut zusingt.

 

Denn es ist ja MEIN Gott, der sich da für mich ins Zeug legen will. Mein Gott, der mich in Schutz nehmen wird vor allem, was mir Angst macht.

 

Was Martin Luther damals zu diesem doch recht martialischen Ton veranlasst hat und welchen „altbösen“ Feind er da besingt, darüber streiten sich heute die Geister. Ich bin mir aber sicher: Martin Luther selber hatte genau vor Augen, gegen wen er da ansingen wollte. Und wem er die ganze Wucht seines Glaubens entgegen schleudern wollte.

Ich singe das Lied heute noch gern – nicht nur am Reformationstag.

Aber die 4. Strophe, die lasse ich meistens weg – und sie kommt mir auch heute nur schwer über die Lippen –ich meine die Worte: „Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib: Lass fahren dahin …“

Das singe ich auch sonst nicht gern -ich weiß nicht, was sich Martin Luther damals dabei dachte.

Ich denke mir: Nein – darauf kann ich nicht verzichten!

Es ist mir nicht egal, wie es meinen Liebsten geht – und auch nicht, wie es denen geht, mit denen ich in Nachbarschaft verbunden bin. Und sogar mit den Menschen, die ich gar nicht kenne, aber deren Leid mir nahe geht, fühle ich mich verbunden. Ich will nicht Menschenleben auf´s Spiel setzen – nicht hier und nirgendwo auf der Welt.

Gerade jetzt in diesen Wochen wird mir sehr bewusst, wie wertvoll es ist, in Beziehung mit anderen Menschen leben zu dürfen. Es fehlt mir, dass ich dauernd nur indirekt im Austausch bin. Es tut mir so Leid für all die Familien, die in diesen Wochen und Monaten ihre Hochzeit verschieben müssen. So lange geplant – und nun soll es nicht sein. Von den Trauerfeiern haben Sie gehört – die Beschränkung der Trauergemeinde ruft viel Schmerz hervor. Ich wünsche mir sehnlichst, dass wir bald wieder mehr Freiräume haben, um sie so zu gestalten, wie es für jede Familie richtig ist.

 

Gerade mit diesen Menschen, die so schmerzhaft erleben müssen, wie ihr Leben durch Corona aus der Bahn geworfen ist, fühle ich mich verbunden, wenn ich aus vollem Herzen „Ein feste Burg ist unser Gott“ singe. Gott ist doch der, dem ich alles anvertrauen möchte – auch mein Leben, das jetzt so dringend jemanden sucht, der mich führt und schützt.

Eben wie ein guter Hirte – oder wie eine Burg. So weit sind die Bilder gar nicht auseinander. Mehr als 2000 Jahre alt – und sie tragen immer noch und immer weiter. Auch in dem dunklen Tal, das die Menschen damals schon kannten. Darauf vertraue ich. Amen.

 

Stille

 

Fürbitte

 

Gott, deine bergende Nähe als guter Hirte – deine schützende Mauer als Burg – sie sind, was wir jetzt brauchen können.

 

Wir sind auf unserem Weg aus dem Tritt gekommen: Wer wird uns führen?
Und was wird sein?
Wir bitten dich:
Erhöre uns in unserer Angst.
Stell den Menschen, die jetzt einsam sind, einen Engel zur Seite, der mitgeht.
Einen, der hinhört und der zuhört.
Behüte die Kinder und die Alten.
Hilf denen, die um ihre Existenz fürchten.
Behüte die Sterbenden und tröste die Trauernden.
Lass uns unser Herz bewahren, dass wir in unserem Land und über alle Grenzen hinweg den Schmerz miteinander teilen und nicht aufhören, barmherzig zu sein.

 

Wir bitten dich: Erhöre uns, wenn wir miteinander beten, wie uns unser Bruder Jesus Christus zu beten gelehrt hat:

 

 

Vaterunser (in den Kirchen Geläut)

 

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unserem Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

 

Segen: Gott segne uns und behüte uns, Gott lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Amen.