Andacht am 12. April 2020 – Ostersonntag

10.55 Uhr – 11. 00 Uhr Glockengeläut

Lesung aus dem Psalm 118
Der HERR ist meine Macht und mein Psalm und ist mein Heil. Man singt mit Freuden vom Sieg / in den Hütten der Gerechten: Die Rechte des HERRN behält den Sieg! Die Rechte des HERRN ist erhöht; die Rechte des HERRN behält den Sieg! Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HERRN Werke verkündigen. Der HERR züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis. Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, dass ich durch sie einziehe und dem HERRN danke. Das ist das Tor des HERRN; die Gerechten werden dort einziehen. Ich danke dir, dass du mich erhört hast und hast mir geholfen. Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. Das ist vom HERRN geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen.Dies ist der Tag, den der HERR macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.

Entzündung der Osterkerze

Lied: EG 99
1.    Christ ist erstanden von der Marter alle, des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.
2.    Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen. Seit, dass er erstanden ist, so lobn wir den Vater Jesu Christ. Kyrieleis.
3.    Halleluja, Halleluja. Des solln wir alle froh sein. Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

Lesung am Ostersonntag aus Markus 16
Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß. Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich. Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, dass er vor euch hingeht nach Galiläa; da werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat. Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemand etwas; denn sie fürchteten sich.

Stille

Lied: EG 115 Jesus lebt
1.    Jesus lebt, mit ihm auch ich. Tod, wo sind nun deine Schrecken?
Er, er lebt, und wird auch mich, von den Toten auferwecken. Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht.
2.    Jesus lebt! Ihm ist das Reich über alle Welt gegeben. Mit ihm werd auch ich zugleich ewig herrschen, ewig leben. Gott erfüllt, was er verspricht. Dies ist meine Zuversicht.
3.    Jesus lebt! Ich bin gewiss: Nichts soll mich von Jesus scheiden. Keine Macht der Finsternis, keine Herrlichkeit, kein Leiden. Seine Treue wanket nicht; dies ist meine Zuversicht.
4.    Jesus lebt, nun ist der Tod mir der Eingang in das Leben. Welchen Trost in Todesnot wird er meiner Seele geben, wenn sie gläubig zu ihm spricht: Herr, Herr, meine Zuversicht!

Gedanken am Osterfest
Da sind wir nun. Ostern ist da und unsere Kirchen sind geschlossen. Das, was so unvorstellbar war, müssen wir ertragen.
Ostern passiert – und wir sagen es nicht in unseren Kirchen weiter.
Ich muss an die Frauen denken, die das Grab Jesu mit Furcht und Entsetzen verlassen.
Und sie sagten niemandem etwas, denn sie fürchteten sich, heißt es im ältesten Evangeliumsschluss bei Markus.
Alle späteren Evangelienberichte sind erst später angefügt worden. (z.B. Mk 16, 8ff).
Am Anfang war also das große Schweigen.
Es passte ja auch in keine Kategorie, was es zu erzählen gegeben hätte.
Auferstehung? Was soll das sein?
Ich kann die Frauen schon verstehen.
Aber das Schweigen hat nicht lange angehalten.
Es war einfach nicht auszuhalten, dass über Ostern nicht geredet wurde.
Es platzte nur so aus allen heraus: Der Tod ist keine Grenze mehr! Gott hat Jesus auferweckt!

Und dann saß beim späteren Evangelisten Matthäus (der bei Markus abgeschrieben hat) schon ein Engel ziemlich frech auf dem Stein (Mt 28,2) und Soldaten, die das Grab bewachen sollten, fielen in Ohnmacht (Mt 28,4). Dass der Himmel gleich ein ganzes Erdbeben aufbietet (Mt 28, 2), sei nur am Rande erwähnt.

Es ist ja auch unglaublich: Christus ist auferstanden!
Die Botschaft von Gottes Neuschöpfung: Leben aus dem Tod! Leben gegen den Tod! Leben, das größer ist als der Tod und dem Tod seinen Schrecken nimmt! – sie überwindet alles.
Diese Botschaft ist so unerhört, dass sie das entsetzte Schweigen der Frauen überwinden kann.
Es war unser Glück, aber es zeigt auch:
Göttliche Kategorien sind so viel größer als menschliche Kategorien. 
Vielleicht hilft uns diese erste Ostererfahrung auch gegen alle Enttäuschung, dass wir nicht in den Kirchen wie gewohnt (wirklich? Sind wir wirklich so viele, die ihren Gottesdienst vermissen?) feiern können:
Gottes unglaubliches Handeln findet seinen Weg zum Menschen – zu jedem einzelnen, der sich finden lassen will. Ausgerechnet gerade in einem Augenblick, in dem wir unsere gewohnten Rituale und Traditionen verlassen und vielleicht sogar auch vermissen.
Die Karfreitags – und die Ostererfahrung, die gehören für mich (nicht erst seit Corona) ganz fest zusammen: Je tiefer mich der Schmerz über die Lücke erreicht, desto größer ist meine Sehnsucht und die Freude über die Überwindung durch Gott.
Ich selbst kann das Leben nicht heil machen – wie ohnmächtig wir Menschen sind, erleben die, die den Krieg nicht erlebt haben, zum allerersten Mal so durchgreifend, dass es uns über Jahre, vielleicht für ein ganze Leben erschüttern wird.
Aber Gott kann heil machen – von Gott kommt mir eine Hoffnung zu, die ich mir selber nicht verordnen kann.

Cathrin Bake, die uns musikalisch schon in manchen Gottesdiensten an der Orgel begleitet hat, hat für heute das Lied ausgesucht: Jesus lebt! Mit ihm auch ich. Wir haben es gerade gesungen oder den Text gelesen. Cathrin Bake hat dazu geschrieben, dass sie es erst kürzlich auf einer Beerdigung gesungen hat.

Wie mutig, habe ich gedacht! Angesichts des Todes diese Trotzworte gegenan zu singen  - Christian Fürchtegott Gellert hat (1757) starke Worte gefunden, um sie gegen alle den Menschen bedrückende Erfahrung stellen zu können.
Und während ich es singe, kommt mir diese Hoffnung zu: Ja, Gott handelt! Jesus lebt – wie sollte ich es nicht tun?
Wie sollte ich nicht zuversichtig sein? Sogar der Tod kann mich nicht schrecken.
Ich sollte viel mutiger sein, solche Lieder für Trauergottesdienste vorzuschlagen …
Um so berührender finde ich, dass ich bei Wikipedia über Gellert lese, er sei so schüchtern gewesen, dass er seinen ersten Plan als Prediger zu wirken, aufgeben musste. Aber dann solche starken Worte finden! Das kann man nur, wenn Gott aus einem redet, denke ich.
In diesem Jahr jemandem ein frohes oder fröhliches Osterfest zu wünschen – der Wunsch ist mir nur schwer über die Lippen gekommen.
Aber ein getrostes Osterfest und eines, dessen Botschaft mich innen erreicht und mich mit Zuversicht erfüllt, das wünsche ich mir und das wünsche ich uns allen.

Jesus lebt – mit ihm auch ich!

Gott redet. Von geschlossenen Kirchenmauern lässt er sich nicht schrecken. Hauptsache, er erreicht uns. Wo auch immer.

Gesegnete Ostern!

Fürbitte
Gott, du kommst uns entgegen aus dem Tod ins Leben!
Du überwindest unsere Grenzen und unsere Zweifel.
Du schenkst, dass wir neu hoffen dürfen.
Du gibst die Kraft, dem Leben seinen Sinn zu geben.

Gott, wir bitten dich heute für alle,
die in diesen Wochen erleben, wie ihr Leben erschüttert wird.   
Wir bitten dich für alle, die verzweifeln.
Wir bitten dich für alle, die trauern.

Lass deine Liebe unsere Liebe sein, um füreinander einzustehen.
Gib Phantasie, um einander zu begegnen.
Gib Hoffnung auf einen Neuanfang.

Du, Gott überwindest selbst den Tod – überwinde unsere Angst!
So vieles möchten wir dir anvertrauen.
Wir bitten dich: Erhöre uns, wenn wir miteinander beten, wie uns unser Bruder Jesus Christus zu beten gelehrt hat:

Vaterunser (in den Kirchen Geläut)
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unserem Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

Segen: Gott segne uns und behüte uns, Gott lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden.
Amen.