Andacht von guten Mächten

Andacht am 22. März 2020 – Sonntag Lätare

10.55 Uhr – 11. 00 Uhr Glockengeläut

11.00 Uhr Kerze anzünden (in den Kirchen: Osterkerze)

Lesung am Sonntag Lätare: 5. Mose 8, 2-3

 Und gedenke des ganzen Weges, den dich der HERR, dein Gott, geleitet hat diese vierzig Jahre in der Wüste, auf dass er dich demütigte und versuchte, damit kundwürde, was in deinem Herzen wäre, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht. 3 Er demütigte dich und ließ dich hungern und speiste dich mit Manna, das du und deine Väter nie gekannt hatten, auf dass er dir kundtäte, dass der Mensch nicht lebt vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund des HERRN geht.

Stille

Fürbitte

Lied: EG 65

 

1. Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

2. Noch will das alte[8] unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten[9] Seelen
das Heil, für das du[10] uns geschaffen[11] hast.

3. Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.

4. Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.

5. Laß warm und hell[12] die Kerzen heute flammen,
die du in unsre Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

6. Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so laß uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.

7. Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei[13] uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

Vaterunser (in den Kirchen Geläut)

 

Segen: Gott segne und behüte uns, Gott lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden. Amen.

-

Warum ich dieses Lied ausgesucht habe:

-

Das Lied von Dietrich Bonhoeffer ist mir sozusagen gerade wieder „geschenkt“ worden. Der Theologe und Pastor Dietrich Bonhoeffer hat es ja 1944 geschrieben – zu einer Zeit, als er im Gefängnis saß – in Erwartung, dass die Nationalsozialisten ihm bald den Prozess machen würden. Ich denke, er ahnte, dass er dem Tod nicht entkommen würde. So ist es ja gekommen: Am 15. April 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer als persönlicher Gefangener des Führers im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet.

Und trotzdem hatte Bonhoeffer noch zum Weihnachtsfest 1944 tröstende Worte. Und trotzdem konnte er noch durch die Gefängnismauern hindurch mit einem Trost wirken auf die Menschen, die um ihn bangten.

Jetzt tröstet dieses Lied gerade mich.

So oft schon habe ich dieses Lied schon bei Beerdigungen gesungen und wusste, wie wahr es ist, dass unsere Seelen aufgeschreckt sind.

Jetzt singe ich auch die dritte Strophe mit dem bitteren Kelch – und wünsche mir: Lass mich geduldig sein angesichts der großen Krise. Lass uns aushalten, was uns auferlegt ist.

Lass uns auch eines Tages, der bald kommen möge, wieder alle zusammen hier Andacht feiern – aber noch ist es nicht so. noch gib uns Geduld.

Dieses Lied singt zugleich von dem großen Vertrauen: Gott wird uns nicht allein lassen. Gott wird ein neues Jahr – eine neue Zeit heraufführen (wie es so schön biblisch heißt). Darauf hoffe ich. Davon lebe ich: Gott wird uns nicht aufgeben.

„Geschenkt“ wurde mir das Lied von den guten Mächten gerade von einem Brautpaar, mit dem ich mich in den vergangenen Wochen getroffen habe, um ihre Hochzeit vorzubereiten. Am Horizont stand auch schon die Frage, ob wir angesichts der Corona-Krise würden feiern können. Das Brautpaar hat sich dieses Lied gewünscht – getragen von dem großen Vertrauen, dass Gott Wege finden wird, wann auch immer wir feiern werden. „Beschenkt“ wurde ich mit der Geschichte der beiden – und ich habe mal wieder gespürt, warum ich meinen Beruf als Pastorin so liebe. Sie haben mich teilhaben lassen an dem großen Glück, das sie empfinden, seit sie sich kennen gelernt haben. Von einem Tag auf den anderen hat der eine für die andere sein ganzes altes Leben umgekrempelt. Er hat sprichwörtlich alles stehen und liegen gelassen, um seiner Liebe zu folgen. Voller Wagnis, aber auch voller Vertrauen haben die beiden, die sich nur über das Internet zunächst kannten, aufeinander eingelassen. Vier Jahre ist das jetzt her. Und: Es ist gelungen! Sie haben ihren gemeinsamen Weg gefunden. Es war nicht immer ganz einfach – völlig verständlich, wenn zwei fremde Menschen sich aufeinander einlassen. Aber das ist es ja nie. Voller Vertrauen und vor allem auch voller Dankbarkeit gegenüber Gott, der diesen Tag hatte werden lassen und die Trauung werden lassen will, saßen sie jetzt vor mir.

 

Das Glück des Brautpaares hat mich wieder angesteckt.

Wieder angesteckt hat mich die Erinnerung daran: wie viel Grund gibt es, dem Leben dankbar zu sein.

Wie wenig Grund habe ich, nicht vertrauen zu können: Gott wird einen Weg finden, den ich gehen kann!

Deshalb dieses Lied „Von guten Mächten“ – Dietrich Bonhoeffer konnte die Worte denken voller Vertrauen. Wie sollten sie mich nicht trösten?