Bewahre uns Gott
Andacht am 29. März 2020 – Sonntag Judika
10.55 Uhr – 11. 00 Uhr Glockengeläut
11.00 Uhr Kerze anzünden (in den Kirchen: Osterkerze)
Lesung am Sonntag Judika aus dem Hebräerbrief im 13. Kapitel:
Jesus hat, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.
So lasst uns nun hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen.
Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die Zukünftige suchen wir.
Stille
Lied: EG 171
Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott
1. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott.
Sei mit uns auf unsern Wegen.
/: Sei Quelle, sei Kraft, die Leben schafft,
sei um uns mit deinem Segen. :/
2. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott.
Sei mit uns in allem Leiden.
/: Voll Wärme und Licht im Angesicht,
sei nahe in schweren Zeiten. :/
3. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott.
Sei mit uns vor allem Bösen.
/: Sei Hilfe, sei Kraft, die Leben schafft.
Sei in uns, uns zu erlösen. :/
4. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott.
Sei mit uns durch deinen Segen.
/: Dein Heiliger Geist, der Leben verheißt,
sei um uns auf unsern Wegen. :/
Ein paar Gedanken dazu:
Als ich Ehepaar Braatz am Sonntag fragte nach ihrem Lieblingslied, da kam, ohne lange zu überlegen dieses Lied. „Bewahre uns Gott, behüte uns Gott“ – das singen wir am Liebsten, sagte Frau Braatz.
Ja, dieses Lied singen wir manches Mal im Gottesdienst – als Segenslied gerne zum Ende des Gottesdienstes hin. Unter dem Segen Gottes geht es sich einfach leichter in die neue Woche. Gerade jetzt können wir ihn besonders gebrauchen.
Die Corona-Krise hat uns aus dem Tritt gebracht. Auf einmal kann ich nicht mehr machen, was ich immer gemacht habe. Auf einmal sind Dinge verboten, die ich bisher selbstverständlich als mein Recht angesehen habe – als mein Recht und meine Freiheit.
Darüber hinaus geraten viele Menschen in eine existenzielle Krise: Wie lange wird mein Arbeitsplatz mir erhalten bleiben? Wie lange reicht mein Geld als Selbständige?
Und alle fragen sich: wie lange müssen und werden wir diese Beschränkungen aushalten müssen, aber auch ertragen können?
Wir werden aus diesen Wochen und Monaten nicht als die Gleichen herausgehen, als die wir hinein gegangen sind, davon bin ich überzeugt. Die Erfahrungen, die wir alle so noch nie erlebt haben, machen was mit uns Menschen. Es wird sich zeigen, ob wir etwas daraus lernen.
Gottes Segen kann ich dafür gut gebrauchen. Denn ich brauche die Zuversicht, dass es eine gute Kraft ist, die mich und uns leiten wird durch diese schwere Zeit.
Ich weiß nicht, warum sie uns passiert ist. Ich glaube nicht, dass sie eine Strafe Gottes ist. Ich glaube nicht, dass Gott uns solche Zeiten auferlegt, um uns zu prüfen.
Ich glaube aber, dass die Menschheit Gottes guten Geist gebrauchen kann, um in dieser schweren Krise den Kopf und vielleicht noch viel mehr das Herz nicht zu verlieren. Um solidarisch zu bleiben und barmherzig. Um angesichts der vielen Zahlen, die wir täglich hören und lesen, von Opfern und denen, die jetzt besonders leiden und sich sorgen, nicht kaltherzig zu werden.
Hinter jeder Zahl stehen Menschen! Hinter jeder Zahl stehen Angehörige, Familienmitglieder und Freunde. Hinter jeder Zahl steht auch ein Gesundheitssystem, das jetzt herausgefordert wird wie noch nie. Und auch dies wird geleistet von Menschen, die sich dafür einsetzen, dass wir alle gut durch diese Krise kommen. Ihnen gehört unsere größte Anerkennung und darum auch unser bestmöglicher Versuch, die Regeln, die jetzt gelten, zu achten.
Das Lied „Bewahre uns, Gott, behüte uns Gott“ ist ursprünglich gar kein deutsches Lied – es stammt aus Argentinien, hat vor Jahren von Eugen Eckert, dem Kirchentagsliedermacher (Gruppe Habakuk, wer als KirchentagsfahrerIn unterwegs war oder ist J ) seinen Text bekommen. Im Gesangbuch steht der ursprüngliche Titel „la paz del Senor“. Ich mag solche Lieder aus dem ökumenischen Kontext, von denen es zum Glück einige im Gesangbuch gibt. Sie erinnern mich daran, dass der christliche Glaube kein exklusiv deutsches Phänomen ist. Sie erinnern mich daran, dass wir an jedem Sonntag in unseren Gottesdiensten über die ganze Welt verbunden sind mit den Christinnen und Christen aus allen Erdteilen. So verschieden wir leben, so verbunden sind wir miteinander im Glauben.
Jetzt erinnert mich das Lied daran, dass „Corona“ kein spezifisch deutsches Problem ist – dass mit und vor uns und noch viel schlimmer die Menschen überall auf der Welt davon betroffen sind – viel schlimmer betroffen, weil es keine Möglichkeit gibt, sich zu schützen, wenn es keine Krankenhausbetten, geschweige denn sauberes Wasser gibt. Meine Gedanken gehen deshalb auch weit über uns hinaus. Wo werden wir am Ende stehen? Was wird die Krise mit uns machen auf der Welt?
Es tut gut, nicht allein zu bleiben mit meinen Gedanken.
„Sei Quelle und Brot in Wüstennot“ heißt es in dem Lied, das wir singen.
Unsere Lebensmittelversorgung wird gesichert sein, darauf vertraue ich. Aber in diesen Tagen spüre ich besonders, dass es mehr braucht als „Wasser“ und „Brot“ oder was auch immer der Einkauf im Supermarkt nach Hause gebracht hat. Es braucht soziale Kontakte und ein liebes Wort. Es braucht einen Händedruck und manchmal eine Umarmung. Es braucht Kinderlachen, um selber fröhlich sein zu können. Sie fehlen vielen von uns so schmerzlich.
Gerade deshalb müssen wir uns jetzt ganz besonders viele Gedanken machen umeinander. Müssen zum Hörer greifen und die Möglichkeiten nutzen, die uns geblieben sind. Müssen aufeinander achten, damit niemand allein bleiben wird in diesen Tagen und Wochen. Wir brauchen den Trost, den wir nur einander geben können. Wir brauchen das gute Wort, das nach uns fragt, damit wir nicht allein bleiben.
Woher solche guten Worte kommen? Ich nehme sie aus der Zusage Gottes: Ich will dich nicht verlassen, noch von dir weichen! (Josua 1,5b) Ich suche sie in der Bibel und bin doch manches mal erstaunt, wie aktuell die alten Worte mich treffen – zum Beispiel dieses: „ Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die Zukünftige suchen wir!“ Heute am Sonntag Judika ist das unser Lesungstext. So empfinde ich mich ja auch: Wie eine Wandernde auf dem Lebensweg, immer auf der Suche. Und manchmal ist Wüste, manchmal sogar Wüstennot, wie das Lied weiß. Und ich weiß das auch, nicht erst seit Neuestem. Aber ich vertraue auch: Gott wird den Wandernden begleiten. Denn sein Segen ist einer, der mitgeht. Gott liebt den Suchenden – er wird uns finden lassen. Darauf vertraue ich.
Amen.
Fürbitte
Ja, Gott, als Suchende willst du uns begleiten. Als Suchende sind wir auf dem Weg – und manchmal ist er steinig und schwer.
So vieles möchten wir dir jetzt anvertrauen. So vieles bewegt uns in diesen Tagen.
Wir bitten dich heute besonders für die Einsamen – für die Menschen, die jetzt allein bleiben in ihren Häusern und in den Einrichtungen. Für die, die ihre Lieben vermissen. Für die, die voller Sorge um ihre Angehörigen leben, dass wir alle Mittel und Wege suchen, um miteinander im Kontakt zu sein. Dass wir aufeinander achten und du uns das gute Wort gibst, das Vertrauen und Hoffnung geben kann.
Wir denken an die Menschen, die überall auf der Welt von der Krankheit bedroht werden. Wir bitten dich, dass die Menschen solidarisch bleiben und barmherzig. Dass wir teilen, was wir geben können, um einander zu schützen.
So vieles möchten wir dir anvertrauen.
Wir bitten dich: Erhöre uns, wenn wir miteinander beten, wie uns unser Bruder Jesus Christus zu beten gelehrt hat:
Vaterunser (in den Kirchen Geläut)
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unserem Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Segen: Gott segne uns und behüte uns, Gott lasse leuchten sein Angesicht über uns und sei uns gnädig. Gott erhebe sein Angesicht auf uns und gebe uns Frieden.
Amen.