Wasser zu Wein in Flensburg und in Kana/Galiläa

Die Hochzeit zu Kana

Eine Lesepredigt zum 2. Sonntag n. Epiphanias von Pastor Stefan Henrich

Johannesevangelium Kapitel 2,1-11:
Und am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen.
Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus spricht zu ihr: Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maß.
Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt’s dem Speisemeister! Und sie brachten’s ihm. Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wussten’s, die das Wasser geschöpft hatten –, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie trunken sind, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat. Es geschah zu Kana in Galiläa, und er offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.


Liebe Gemeinde,
die Hochzeit hatten sie abgesagt. Wegen Corona.
„Den Tag machen wir uns trotzdem schön“ hatten sie gesagt, „ganz alleine...“
Nun saßen sie zuhause und die Tränen kamen doch.
Alles war so schön geplant gewesen. Die Nachrichten, die heute vermehrt auf dem Smartphoneschirm oft auch mit lustigen Filmchen erschienen, konnten die Trübsal nicht bannen. Draußen war es heiß. Sie ging in die Küche und holte sich ein Glas Wasser. Es klingelte. Der beste Freund der beiden stand vor der Tür. In der Hand hatte er eine Flasche Champagner. Sie nannte Champagner immer Brauseschön, hatte ihn aber noch nie getrunken. Ihr Freund, der Bräutigam auch nicht.
Mit Abstand und Maske zogen sie los. Am Hafen lag ein Schiff. An der Reling stand die Clique. "Kommt rauf, wir laufen aus und übers Wasser...". Oben in St. Jürgen läuteten die Glocken. Da wären sie jetzt eingezogen. Unten knallten die Korken. Schaumwein perlte über, zum Trinken nahmen sie die Masken ab.  Es wurde doch noch ein schöner Tag. Abends faltete sie wie früher die Hände. „Danke Jesus“, sagte sie leise, „und bitte mach, dass es immer so schön bleibt wie heute.“ Währenddessen hatte ihr Freund die Flasche Brauseschön geöffnet.

Zweitausend Jahre früher. Jesus ist auf einer Hochzeit. Dort gebricht es an Wein. Was überaus peinlich ist für die Gastgeber entpuppt sich als Steilvorlage für Jesu erste Tat.
Er wandelt Wasser zu Wein, bringt überschäumende Freude zurück aufs Fest.
Man kann die Hochzeit zu Kana als »Bildergeschichte« zum Psalmwort »Du tust mir kund den Weg zum Leben; vor dir ist Freude die Fülle …« (Psalm 16,11) lesen. Die Flensburger Hochzeit auch. Ein Gott der Freude steht hier wie dort im Zentrum, und das tut gut zu hören in allem Quälodram des Lebens.

Der Wein in Kana erinnert dabei an die messianische Heilszeit. Die wiedergebrachte Hochzeitsfreude schmeckt schon nach ewigem Freudenmahl. Das eigentlich für die äußere Reinigung vorgesehene Wasser wird zum stärkenden »Freudenwein«, der von einem neuen, anders gefülltem Leben erzählt. Er wird zum »Zeichen« der unverdienten liebenden Zuwendung Gottes zu uns, und spiegelt wieder, dass alle Gäste sich freuen und erfüllen lassen dürfen mit Köstlichem. Erfüllen, nicht abfüllen.

»Seid nicht bekümmert; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke!« (Nehemia 8,10) Das hätte Jesus vielleicht dem jungen Paar beim Fest ins Gästebuch geschrieben.
Gleichzeitig setzt der Evangelist Johannes, der diese Geschichte erzählt, mit dieser ein Vorzeichen für alles, was Jesus tut uns Menschen zugut. Er macht deutlich, dass Jesu »ansteckende« Freude an Gott hier und jetzt schon in uns wohnen soll (vgl. Johannes 17,13).
Die Wunder, von denen Johannes dann weiter erzählt, gründen in diesem Vorton der Freude. Alles andere kommt ja danach, sieben Wunder erzählt Johannes, eines stärker als das andere:
Nach der Hochzeit heilt Jesus den Sohn eines  königlichen Beamten in Kapharnaum von hohem Fieber (Johannes 4,43-54).
Beim Teich in Bethesda am Sabbat mobilisiert Jesus einen Gelähmten nachdem er ihn gefragt hatte, ob er gesund werden will  (5,1-18).
Am See von Tiberias sättigt Jesus Fünftausend mit fünf Broten und zwei Fischen(6,1-15)
Anschließend läuft Jesus übers Wasser im Dunkeln (6,16-21).
Beim Teich Schiloach heilt Jesus einen, der blindgeboren war und verneint dabei den Zusammenhang von Sünde und Krankheit (9,1-12).
In Bethanien erweckt Jesus den Lazarus vom Tode und enthüllt das Wort seiner Sendung und Wirkung:
Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe. Und wer da lebt und glaubt an mich, wird nimmermehr sterben (Johannes 11,25)
Alle Wunder, die Jesus wirkt, wollen und sollen von der Macht und Herrlichkeit Gottes künden um Glauben zu wecken, wollen von dem Leben künden, dass erfüllt und heil sein soll um Gottes Willen in Ewigkeit.
Dass mit der Freude nicht das Leid dieser Welt ignoriert wird, dürfte klar sein. Nur Freude schöner Götterfunken mit Brauseschön geht nicht. Daneben ist immer auch engagiertes Angehen gegen alle Heillosigkeit dieser Welt vonnöten um Not zu wenden.
Jesus selber geht in seiner von Johannes erzählten Biographie von der Freude der Hochzeit in die Tiefe des Leides und doch wendet er so den Tod und die Not dieser Welt. Der Weg wird nicht zu einer Sackgasse der Verlassenheit und der Verzweiflung.
Über allem geschieht vielmehr das Wunder der Wandlung, erweist sich die Herrlichkeit und Macht Gottes:
In der Not wird geholfen, Krankheit wird geheilt und Leben geschenkt.
Die Hochzeit ist Auftakt, der Wein ist das Zeichen.

Zurück ins Jahr 2020: Die abgesagte Hochzeit war dem jungen Paar auch Auftakt geworden. Auftakt zu einer Vergewisserung, dass in jeder Enttäuschung der Keim einer anderen Freude stecken kann. Die Planungen für 2021 laufen, die Kirche ist gebucht, -auch für eine Taufe.
Amen