Ostern - Eine Lesepredigt von Pastor Stefan Henrich

Das Osterevangelium nach Lukas:

Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen die Frauen zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht. Und als sie darüber ratlos waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer in glänzenden Kleidern. Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war und sprach: Der Menschensohn muss überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen. Und sie gedachten an seine Worte. Und sie gingen wieder weg vom Grab und verkündigten das alles den Elf und allen andern Jüngern.  Lukasevangelium 24, 1-9

Liebe Gemeinde,

sagt der Eine: „Das ist nun schon das zweite Mal Corona-Ostern, wo soll das alles noch hinführen?“

Antwortet ihm die Andere:“Das weiß ich auch nicht, aber weißt du, was ich weiß? Es ist schon über zweitausend Mal richtig Ostern gewesen, und Jesus lässt sich auch jetzt nicht totkriegen, von dem was wir erleben.“
Der Erste guckte etwas perplex, die Zweite war ganz glücklich mit der Antwort, die ihr eingefallen war. Sonst war sie gar nicht so schlagfertig, aber das hatte sie dann doch mal sagen wollen.

Die beiden bringen mit ihrem kurzen Dialog die gegenwärtige Stimmung für mich auf den österlichen Punkt. Auf der einen Seite mehr Klage und Fragen als Antworten, dazu viel Erschöpfung und Enttäuschung, und auf der anderen Seite ein fast trotziges Dennoch für das Leben: Auch wenn wir uns nicht so besuchen können wie wir wollen und selbst wenn wir keinen Ostergottesdienst in der Kirche haben, lassen wir uns das Fest nicht vermiesen. Wir wissen doch und spüren, dass Ostern das Leben aufblüht und Jesus nahe ist mit seinem Heiligen Geist. Der trägt und heilt auch unsere Wunden .

Der Bericht des Lukas von der Auferstehung Jesu beinhaltet überraschenderweise auch nicht die reine ungetrübte Osterfreude. Da kommen die Freundinnen Jesu mit kostbaren selbstgefertigten Ölen an das Grab  um den Toten zu salben. Ein weggewälzter Stein und  ein leeres Grab samt zweier Boten stürzen die Frauen in Ratlosigkeit und Erschrecken. Erste Osterbotschaft erreicht ihr Ohr, warum aber glänzen die Kleider der Boten? Bringen sie Nachricht aus einer anderen Wirklichkeit, in der die Nacht des Todes und der Trauer vergangen ist? Osterlicht leuchtet, die Sonne scheint, die umglänzten Boten sagen, dass Jesus auferstanden ist und lebt. Wendet euch auf die Seite des Lebens, sucht den Lebenden nicht bei den Toten. Jesus selber hat gesagt und gewusst, was kommen würde, ihr sollt jetzt seine Zeugen sein und den anderen davon erzählen, dass sich alles erfüllt hat.
Ratlosigkeit und Schrecken weichen, Erinnerung kommt und die Tat. Die Frauen machen sich auf den Weg, gehen hin zu den Jüngern, die Jesus begleitet haben und erzählen, was noch gar nicht zu fassen ist, - mit dem Verstand schon gar nicht, dafür aber mit liebendem Herzen. Jesu Tod ist tot, er lebt und ist und bleibt nahe allezeit und in Ewigkeit.
Schrecken und Ratlosigkeit wandeln sich in gute Nachricht bis heute. Mir macht diese Botschaft Mut und ich glaube, dass sie in schwerer Zeit noch mal so viel von ihrer Kraft entfalten kann.

„Lass dir an meiner Gnade genügen, meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“  (2. Korinther 12,9) hat der Auferstandene einmal dem Apostel Paulus gesagt. Was für ein Zuspruch und was für ein Mutmachvers ist das auch für unsere Zeit. So viele kämpfen  für das Leben, im übrigen auch oft ohne dass sie sich von Jesu Geist beflügelt wissen. Wir aber glauben, dass der Geist wirkt und dem Leben dient. Der Dank gegenüber allen, die sich für das Leben einsetzen, darf, - nein, besser muss sich aber auch in harter Währung und gerechter Entlohnung zeigen.  
Kinder müssen Orte haben, an denen sie unbeschwert spielen können und einander Liebende und miteinander alt Gewordene müssen sich auch begegnen können, wenn einer im Pflegeheim lebt. Und zum Leben gehört, dass Sterbende nicht allein bleiben, wenn sie Ihre Angehörigen, Freunde oder Geistliche sehen wollen.
Zum Einsatz für das Leben gehört nach meinem Verständnis auch, dass ich mich impfen lasse, sobald ich an der Reihe bin, damit ich mich aber vor allem doch andere schütze und Schutzräume schaffe.

Wir selber haben in St. Jürgen die uns auch sehr schwerfallende Entscheidung gefällt, Ostern nicht in der Kirche zu feiern. Anstelle dessen gibt es nun diese Predigt aus der schön gefüllten Tüte oder am Bildschirm zu lesen. Dazu lassen wir am Ostersonntag vor dem Gemeindehaus ein Kreuz erblühen aus schwarzer Erde und schenken Blumen,- Osterglocken und Osterlicht. Mit diesen Zeichen versuchen wir die Botschaft vom auferstandenen Leben Jesu in unsere Gemeinde hineinzugeben in einer Zeit, in der vieles belastet und beschwert. Wir wünschen, dass mit diesen Zeichen eine Osterfreude aufleuchtet, die zu erzählen weiß von weggeräumten Steinen auch auf unserer Seele und heilsam gewendeter Trauer, dazu von Ratlosigkeit und Schrecken, die heilsam umkleidet werden von kräftiger Hilfe und lichthellem Schein.
Gott segne uns das Fest und den Alltag, er bleibe bei uns durch Jesus Christus und seinen Heiligen Geist. Amen

 

Herzliche Grüße und frohe Ostern auch im Namen von Pastorin Sylvia Meyerding,  Ihr Pastor Stefan Henrich

Photo: Auferstehungstafel der Ringerink-Kanzel in der St. Jürgen Kirche