Unsere Kirche

Die Entstehung St. Gertruds in 8 Teilen

Die Sanierung St. Gertruds macht alles neu – doch sie soll St. Gertrud nicht neu erfinden.
Sie will die Geschichte des Gebäudes und der Gemeinde achten und an sie anknüpfen. Ihre Aufgabe ist, Bewährtes zu bewahren, für entstandene Probleme Lösungen zu finden, und die bereits angelegten Linien im Gemeindeleben und in der Architektur in die heutige Zeit auszuziehen, um ihrem Auftrag in heutiger Zeit besser gerecht zu werden. Darum ist es sinnvoll, die Geschichte der Gemeinde zu kennen.

 

1. Die alte Kirche St. Gertrud zu Flensburg

Flensburg war im Mittelalter einst aus 4 Kirchspielen (Dörfern) zusammengesetzt: St. Johannis und St. Nikolai, St. Marien und St. Gertrud. Im 14. Jahrhundert stellten sie je zur Hälfte die Ratsleute für den Stadtrat.
1290 wurde die St. Gertrud Kirche errichtet. Sie war der kirchliche Mittelpunkt für das Gebiet der Ramsharde. Ihr Aussehen ist leider nicht überliefert, weder auf einem Bild noch in einer Beschreibung. Vermutlich darf man sie sich nicht wie St. Marien oder St. Nikolai vorstellen, eher wie die Heilig-Geist-Kirche am Nordermarkt.
Zu ihrem Besitz gehörte das Gertrudenholz, ein nördlicher Teil der heutigen Marienhölzung. Für die Unterhaltung der Kirche und für die Bezahlung ihrer Aufgaben und des Priesters waren ihr 10 Mark Lübsch als Rente, 6 Schilling aus bäuerlicher Abgabe sowie 6 Oertig Korn (altes Maß) zugedacht.
Sie lag unterhalb des Schlosses am Schloßberg. Wenn man zum Wohnhaus des Bürgermeisters Peter Jul wollte, ging man die untere Schloßstraße hoch, wo rechts die Kirche St. Gertrud lag. Sie stand an der Norderstraße zur Westseite auf der Anhöhe, genauer: im Hofe des Hauses Nummer 123, etwas nördlich von der Schloßstraße und in 2. Reihe hinter den Wohnhäusern der Norderstraße. Zu ihr gehörten im 16.Jh. die Wohnungen 123, 125, 127 und 129, diese lagen zwischen der Straße und der Kirche.
Sie war die Kirche für die Menschen der Ramsharde. Die Ramsharde bezeichnete, im Unterschied zu heute, (auch) das Gebiet zwischen der Toosbuystraße / Neuen Straße (hier stand ehedem ein weiteres Stadttor) und dem Nordertor.
Auf Peter Juls Anregung wurde 1379 die St. Gertrud – Gilde gegründet, die sich zum Ziel setzte, soziale Aufgaben wahrzunehmen, sich z.B. armer Reisender anzunehmen und insbesondere für eine ehrenvolle Bestattung zu sorgen. So half die St. Gertrudsgilde insbesondere in den Pestwellen des 14. Jahrhunderts. Die Gilde bediente übrigens auch einen Gertruden – Altar in der St. Marienkirche vor dem Hochaltar, von dem aber heute nichts Weiteres mehr bekannt ist.

 

2. Wer ist St. Gertrud?

Der Name „Gertrud“ kommt aus dem Althochdeutschen: Ger = Speer, „trud“ = Kraft, Stärke. Verwandt sind: Gertraud, Gerda,, Gela, Trude und niederdeutsch: Gesa, Geeske.

St. Gertrud ist die Schutzheilige der Wanderer, der Reisenden und „Elenden“ (d.h. in der Fremde Weilenden). Ihre Verehrung bot dem Menschen Halt, Orientierung und eine innere Heimat.
Die Kirche ist vermutlich benannt nach Gertrud von Nivelles. Gertrud wurde 626 n. Chr. geboren als Tochter Pippins des Älteren. Pippin war „Hausmeier“ im heutigen Frankreich und hatte wesentlichen Einfluß auf die Politik des entstehenden fränkischen Gesamtreichs. Als Gertrud ins heiratsfähige Alter kam, schlug sie die Heirat mit einem reichen jungen Mann aus.
Damit folgte sie nicht den Verlockungen eines begüterten Lebens. Sie hörte auf ihre innere Stimme, die sie auf den Weg des Gebets und der Einkehr führte. Sie arbeitete an sich selbst, und reifte so zu einer in sich ruhenden Persönlichkeit. Dies war die Quelle, aus der ihr Selbstlosigkeit und Nächstenliebe zugewachsen sind.
Sie löste sich aus ihrem Umfeld und trat in das Kloster zu Nivelles nahe Brüssel ein, welches ihre Mutter gestiftet hatte. Derart gereift, wurde sie von vielen Menschen aufgesucht, um sie um Rat zu fragen.
Nach dem Tod der Mutter wurde sie Äbtissin (Vorsteherin) des Klosters. Sie ließ wertvolle liturgische Bücher aus Rom kommen, um den Gottesdienst würdiger und feierlicher zu gestalten. Ihr Biograf würdigt ihre ungewöhnliche Kenntnis der Bibel und ihre ebenso ungewöhnliche Barmherzigkeit gegenüber Kranken und Armen.
Gertrud starb sehr früh, sie wurde ungefähr 30 Jahre alt. Als ihr Todestag gilt der 17. März, der fortan Gedenktag der heiligen Gertrud ist. Ihr wurde einst die Kirche am unteren Schloßberg geweiht.

3. Die alte St. Gertrud – Kirche und ihr Ende

Für die Gebäude, die es neben der Kirche am unteren Schloßberg gegeben hat, wird 1735 das Wort „Kloster“ gebraucht: Räume, die zur Unterbringung von Reisenden bestimmt waren.
Im Krieg 1409 – 1435 wurde die St. Gertrud - Kirche wegen der Nähe des Schlosses sehr in Mitleidenschaft gezogen, und 1504 und 1507 durch die Flensburger Bürger Jens Lorup und Laurentius Leve repariert und mit einem neuen Gestühl versehen. Infolge der Reformation in Flensburg verlassen 1526 viele katholische Geistliche Flensburg. Wenig später wurde die St. Gertrud - Kirche auf Betreiben des Bürgermeisters Pommerering 1566 vom König Friedrich II an die Stadt verschenkt „sampt dem Kirchhofe zu einer christlichen begrebnus“. Nur 5 Jahre danach wurde die St. Gertrud - Kirche 1571 wegen Baufälligkeit abgebrochen. Die Ramsharder (s.o.) kommen nun als „Gertrudenbezirk“ zu St. Marien, werden eingepfarrt und bringen die o.g. Kirchenhäuser mit.
Es verbleiben aber der Kirchhof (Friedhof) sowie der Gertrudenturm mit der „Klocke“ an seinem Eingang an der Norderstraße zwischen Hausnr. 121 und 123. Im Jahre 1631 wird diese kleine Glocke („de kleene Klock“) neu gegossen, sie trägt die Inschrift: „Der Name des Herrn sei gelobt“. Sie erklingt als Totenglocke und Betglocke bis zur Aufhebung des Friedhofs (s.u.). 1654 beantragen die Einwohner der Ramsharde, daß St.Marien die „St.Gertruden – Klocke“ und das „Klockenhaus“ übernehme, dem wird stattgegeben. 1664 erhielt der Klöckner Peter Baltzer jährlich 8 M.. 1667 muß der St. Gertruden - Turm repariert werden und weil die Kosten zu hoch sind, wird der Turm wieder den Ramshardern überlassen, weil sie den Turm erbaut und unterhalten und die Glocke hätten gießen lassen. Zum Ausgleich genießen sie die Einnahmen aus dem Geläut. Der Turm zum Eingang des Kirchhofs existierte nach dem Abbruch der St. Gertrud – Kirche noch 250 Jahre bis 1821. Zuletzt erhält der Schullehrer der Schule im Schloßgange wegen der Gertrudenglocke 29 M, die Schulen gehen nun von den Kirchengemeinden an die Stadt über. Anschließend versah die Glocke im Nordertor als Sturmglocke einen neuen Dienst. Seit 1904 erklingt sie heute als Viertelstundenschlagglocke vom Kirchturm St Mariens.
Auf dem Kirchhof (Friedhof) zu St. Gertrud finden Arme und Fremde ihre letzte Ruhestätte. Er war lang und schmal, er erstreckte sich in nord-südlicher Richtung von Norderstraße Nr 119 bis 123. Nach dem Abbruch der St. Gertrud – Kirche wurde der Kirchhof aber noch über 230 Jahre lang weiter als Armenfriedhof genutzt, bis die Bestattungen auf den neuen Friedhof an der Stuhrsallee ab 1806 übergingen. Der vormalige Friedhof wurde 1820 zur land- und gartenwirtschaftlichen Nutzung vermietet. 1852 wird der Gertrudenkirchhof an 7 Anwohner verteilt und in Erbpacht gegeben gegen 2 M für die Quadratute und zur Bebauung freigegeben. Der Turm wurde abgetragen. Die o.g. Kirchenwohnungen werden Anfang des 18. Jh. „fürdersamst“ verkauft.

4. St. Gertrud lebt neu auf

1909 übergab der Kirchenvorstand St. Marien die Marien- und Gertrudenhölzung mit Kirchenländereien an die Stadt. Nur der „Kirchbauplatz St. Gertrud“ an der Marienhölzung wurde zurückgehalten - als möglicher Bauplatz für eine Kirche für den, schon vor den beiden Kriegen zu erwartenden, neuen Stadtteil.
Nach dem letzten Krieg war die Bevölkerungszahl Flensburgs erheblich angewachsen, so auch auf der Westlichen Höhe. Der Kirchenvorstand St. Marien beschloß, im Westen Flensburgs auf dem sog. „Kirchbauplatz St. Gertrud“ Ecke Marienhölzungsweg – Hermann-Löns-Weg – Flurstraße - Dorotheenstraße die Errichtung eines „Ev. Jugendheims“. Mit dem Bau wurde der Architekt Georg Rieve beauftragt.
Errichtet wurden von 1952 - 1954:
im Parterre - der Kindergarten, eine Wohnung für den Hauswart und Küster (die Wohnung ist heute Büro der KiTa-Leiterin und 3. Gruppenraum) sowie eine Heimküche für die Jugendlichen;
im Hochparterre - ein Jugendheim mit Gemeindesaal, Spielzimmer und Lesezimmer (letztere heute zusammengelegt zum Gruppenraum an der Küche) sowie ein Kirchsaal zur Mehrzwecknutzung („für Vorträge, Filmvorführungen und Gottesdienste“)
er bietet „das Bild einer besonders schönen Kirche“ (Pr. Knuth, 1954);im Obergeschoß - ein Wohnheim für 18 männliche Lehrlinge mit kleiner Teeküche, Duschen und Waschraum, sowie eine Wohnung für den Hausvater (heute Kirchenbüro): „Jedes Zimmer ist ca. 2,80 – 3,62 qm groß und kann 2 Jugendliche aufnehmen, mit Klappbetten, Schrank, Tisch und Stuhl ausgestattet und behaglich eingerichtet“ (Pr. Knuth).

Bereits 1953 begann der Betrieb des Ev. Kindergartens mit 2 Gruppen für 60 Kinder unter der Leitung von Frau Mattig.
1954 beschloß der Kirchenvorstand für das neu errichtete Gemeindezentrum den Namen „Ev. Jugendhaus St. Gertrud“. Noch im selben Jahr wurde die 5. Pfarrstelle der Kirchengemeinde St. Marien wiederbesetzt mit Pastor Johannes Thiessen, dem ersten Pastor für den Bezirk St. Gertrud. Von Anbeginn an wurde sonntäglich der Gottesdienst gefeiert, zunächst mit den anderen 4 Pastoren von St. Marien im Wechsel.

5. Einweihungsfest zum 1. Advent 1954

ca. 1954 Nach endgültiger Fertigstellung wurde St. Gertrud am Sonnabend, dem 27. November 1954 eingeweiht. Am Vormittag fand eine Besichtigung statt mit anschließendem Festakt im großen Saal, zu dem der Kirchenvorstand „die Geldgeber, die Behördenleiter und Jugendführer der Stadt“ eingeladen hatte.
Nachmittags um 15 Uhr begann die Weihe des Kirchsaales durch den Bischof für Schleswig, D. Wester. Nach der Schlüsselübergabe an Pastor Thiessen wurden die heiligen Geräte von der Ev. Jugend der einziehenden Gemeinde mit Architekt, Pastoren von St. Marien, Propst Wilhelm Knuth und Bischof vorangetragen. Darunter auch eine von Bundespräsident Theodor Heuss gestiftete und unterschriebene Bibel, die heute noch vorhanden ist. Sie trägt die Widmung: „Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt“ (Offenbarung des Johannes Kap. 1 Vers 4). Ein weiteres Einweihungsgeschenk war ein Bild Käthe Lassens („Nordische Mädchen“, 1932) von Frau Anthon aus dem Marienhölzunsgweg.
Es wurden geweiht: die Kirche St. Gertrud, der Altartisch mit dem großen Kreuz, das Taufbecken, die Kanzel, die Bronzeglocke im Dachreiter und die Kemper-Kleinorgel.
Die Flensburger Tageszeitung schrieb: Es „empfing die Kirchgänger die helle klare Schönheit des Andachtsraums, den ein großes schlichtes Kreuz am Altar sinnvoll beherrscht… Die Altarkerzen wurden entzündet, die Glocke ertönte, die Orgel erklang, und die Weihegeräte wurden an ihren Platz gestellt“.
Am Abend fand zur Eröffnung des Jugendhauses unter der Leitung des Hausvaters Diakon Warringsholz „eine Stunde der Jugend“ statt. Landesjugendpastor von Stockhausen sprach davon, daß dieses Haus als Modell anzusehen sei.

6. Zur Bestimmung St. Gertruds

Es sind die Menschen des wachsenden Stadtteils, dem der Kirchenvorstand ein neues kirchliches Haus zur Verfügung stellen will - es ist ebenso auch die Sorge für die vielen Flüchtlinge und Vertriebenen, die zum Teil immer noch in Barackenlagern und beengten Verhältnissen wohnen.
Sie sollen hier einen Ort der Integration und Beheimatung finden. Ihre Kinder werden bevorzugt im Kindergarten aufgenommen. Und die Jugendlichen aus den Notwohnungen des Umlands (Angeln), die in den Dörfern oft keine Lehrstelle haben, sollen hier im Wohnheim eine Unterkunft während ihrer Lehrzeit in der Stadt finden.
Die Jugend soll sich hier „in einer gesunden Atmosphäre entwickeln können... Damit die Flüchtlingsjugend hier nicht isoliert ist, sondern mit der übrigen Jugend der Stadt zusammenkommt und sich ins Große Ganze eingliedert… Um die Jugend unter der Leitung des Hausvaters durch staatsbürgerlichen Unterricht, gute Lektüre, Musik und Erziehung auf christlich – demokratischer Grundlage zu formen“ (Propst Knuth).
Die Chronik St. Mariens führt aus: hier in St. Gertrud soll die Gemeinde ein Leben lang Heim und Stätte der Verkündigung des Wortes Gottes finden, vom Besuch des Kindergartens an. Mit dem Namen St. Gertrud wird die Tradition des - noch in der Erinnerung der Alten lebendigen - St. Gertruden - Bezirks von St. Marien fortgesetzt. Er gehörte über ein halbes Jahrtausend zu Flensburg und ist ein Stück Glaube und Heimat der Väter.
„St. Gertrud soll ein Ort der Beheimatung, Zurüstung und Begegnung sein“, so der Landesjugendpastor von Stockhausen während der Einweihung.

7. Die Entwicklung: vom Jugendheim zum Gemeindezentrum

Pastor Thiessen wohnte zunächst in einem Doppelpastorat im Haus Waldstraße 37 zusammen mit Pastor Loebel. Später wurde das Haus im Stichweg Marienhölzungsweg 50 d zum Pastorat mit Büro und 2 Gemeinderäumen (seit 2004 vermietet). Ein Teil des Grundstücks, das einst bis zur Waldstraße reichte, wird verkauft und mit dem Erlös das erworbene Haus zum Pastorat umgebaut. Als Hauswart und Küster begann Peter Brodersen aus Seegard bei Husby.
Schon bald wuchs ein reges Gemeindeleben mit Taufen, Konfirmationen, Trauungen, Trauerfeiern, mit vielen Kinder, - Jugend- und Erwachsenengruppen wie Singspielgruppen, Jugendgruppen, Frauenhilfe, Mütterkreis, Gemeindenachmittagen und –abenden und Gemeindereisen. St. Gertrud entwickelt sich z.Zt. Pastor Gerbers als Nachfolger von Pastor Thiessen schnell über ihre ursprüngliche Bestimmung hinaus vom Ev. Jugendheim zu einer Kirche mit Gemeindezentrum für den noch jungen Stadtteil.
Dadurch entstehen aber auch neue Probleme: eine lebendige Gemeindearbeit wächst und gedeiht, und zwar für alle Generationen. Dafür aber gibt es nun zu wenige Räume, und die Hellhörigkeit bereitet erhebliche akustische Probleme - im Gottesdienst z.B. hört man, wie die Lehrlinge duschen oder wenn ein Bleistift runterfällt. Ab 1967 werden die Wohnheimzimmer im OG dann nicht mehr belegt und stattdessen zwei Jugendräume eingerichtet, auch die Raumanordnung in Parterre und Hochparterre wird im Laufe der Zeit dem veränderten Bedarf angepasst.
Im Laufe der Zeit unternehmen die Kirchenvorstände St. Gertruds zweimal den konkreten Versuch, die räumliche Situation für den Gottesdienst zu verbessern. Ende der 60er Jahre wird der Plan für den Neubau einer Kirche im Marienhölzungsweg in Höhe der Tennisplätze verfolgt, und in den 80er Jahren wird der Umbau des Kirchsaals mit Erweiterung zum Marienhölzungsweg hin architektonisch geplant - beide Planungen kommen aber letztlich nicht zur Ausführung. Ebenso nicht die ebenfalls in den 80ern geplante Erneuerung der elektropneumatischen Orgel durch eine mechanische Orgel.
Bereits 1965, nach 11 Jahren, wird St. Gertrud (wie auch St. Michael) selbständige Kirchengemeinde mit 4.934 Gemeindegliedern z.Zt. Pastor Gerbers (1962 – 1973). Im selben Jahr konnten ein hauptamtlicher Diakon Jürgen Heumann und ein hauptamtlicher Kirchenmusiker Walter Heinrich für St. Gertrud angestellt werden. Auf Pastor Gerber folgen Pastor Schröder (1973 – 1992) und Pastor Witt (1992 - 2004), die mit Pastor Lackner, Pastor Adolphsen, Pastorin Stengel und Pastor Kindscher die pastorale Gemeindearbeit weiterführen.

8. Ausblick

Die heilige Gertrud von Nivelles ist wenig prominent. Ihre Besonderheit liegt in ihrer inneren Unabhängigkeit und Freiheit, die ihr aus dem Glauben an Gott zuwächst. Ihr Weg zu Gott wird zugleich ein Weg zu sich selbst und zu den Menschen. Ein Weg der menschlichen Reifung, um deretwillen sie von Vielen um Rat aufgesucht wird. Hieraus erwachsen ihre Selbstlosigkeit und Nächstenliebe – Tugenden, die nicht laut sind sondern leise. Hier gilt nicht die große Geste, sondern Glaubwürdigkeit und Zuwendung aus dem heilenden Glauben.
Vielleicht ist es kein Zufall, daß von der nach ihr benannten alten Flensburger Kirche kein Bild und keine Beschreibung erhalten sind, und daß das neue St. Gertrud äußerlich unscheinbar anmutet. Der Nächstenliebe geht es nicht um Selbstdarstellung - sie erwächst aus dem Gebet und dem Gottesdienst, den die heilige Gertrud in den Mittelpunkt stellte und erneuerte. Überraschenderweise hat gerade dies hat dazu geführt, daß sie nie in Vergessenheit geraten ist. Darum soll auch die anstehende Erneuerung insgesamt maßvoll sein und die geistliche Ausstrahlung der Kirche herausarbeiten.
Von Anfang an war es Ziel und Aufgabe, Menschen eine Heimat zu bieten, einst den Reisenden, später neben den Einheimischen und den Flüchtlingen, heute den Wanderern durchs Leben, die Halt und Orientierung für ihr Leben suchen.
Auch das heutige St. Gertrud mutet in den architektonisch einfachen und klaren Linien äußerlich unscheinbar an – und doch ist hier in einer Zeit rasanter Veränderungen im gesellschaftlichen und familiären Umfeld ein Ort der Beheimatung für alle Generationen gewachsen, ein Raum der Begegnung mit Gott und den Menschen im Stadtteil und über die Gemeindegrenzen hinaus.
Der Kindergarten hat auch heute seine Türen geöffnet, und die Gemeinde erfreut sich eines regen Gemeindelebens und guten Gottesdienstbesuchs. Zwar mit erheblich reduzierten Pfarr- und Personalstellen, aber mit einer gewachsenen Zahl Ehrenamtlicher erwartet der Kirchenvorstand mit Vorfreude den Abschluß der Sanierungsarbeiten und – im Sinne der heiligen Gertrud - die Ausbildung des geistlichen Charakters des Kirchsaals. Um aus der Freiheit und Offenheit des Glaubens heraus Menschen zum Glauben an Gott zu ermutigen, ihnen in den Krisen und Übergängen des Lebens beizustehen, ihnen Begegnung und Gemeinschaft in den Gruppen anzubieten und dem Einzelnen Rat und Hilfe.

Quellen: Thomas Matthiessen, Entwicklung der Flensburger Neustadt, 1949, Stadtarchiv, Chronik der St. Marien Gemeinde Bd 59, Gemeindebrief St. Marien 1953, Flensburger Zeitung 1954, Bericht Propst Knuth 1954, Bericht Pastor Gerber 1972, Übertragungen und Recherchen zu St. Gertrud von Helge Berndt und Dr. Bärbel van Doorn, Otto Schütt, Die Gertrudenkirche, J.J. Callsen: Die Gertrudenkirche in Flensburg, Dr. Wölfl, Mein Namenspatron, o.J..

Pastor Christian Landbeck, 2010