Der Osterzyklus von Crodel

Die Frauen am leeren Grab

“Nach dem Sabbat, beim Anbruch des ersten Tages der Woche, kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. Und siehe, es geschah ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf….“
(Matthäus 28, 1-3)

Die Bibel berichtet von drei Frauen, die nach dem Grab Jesu sehen wollen. Doch das Grab ist leer. Stattdessen begegnen sie einem Engel, der ihnen verkündigt, dass Jesus auferstanden sei.
Zwei der dargestellten Frauen umarmen sich. Eine dritte wendet sich dem Engel zu, hält aber gleichzeitig die Hand der hinter ihr stehenden Frau.
Keine der drei Frauen sieht den Engel an. Die einzige, die sich ihm direkt zuwendet scheint verdeckte Augen zu haben. Hier wird möglicherweise eine Antwort auf die Frage gegeben, wie wir die Auferstehung erkennen können: Nicht durch ein äußeres Sehen sondern durch ein „inneres Sehen“, oder in der Zuwendung zueinander.


Die Auferstehung

„Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.
(Römer 8, 38)

Der Auferstandene füllt fast das ganze Fensterbild aus. Er steigt aus dem Grab, die Arme zum Segen erhoben. Unter ihm zerbricht die Grabplatte.
Die römischen Soldaten, die das Grab bewachen sollen „…erschraken aus Furcht vor ihm und wurden, als wären sie tot.“ (Mt 28, 3-4). Diese Szene wird in der Bibel ursprünglich mit dem Engel des Herrn beschrieben. Crodel setzt Jesus selbst an die Stelle des Engels. Die eigentliche Auferstehung Jesu wird an keiner einzigen Stelle der Bibel beschrieben.


Der Auferstandene begegnet seinen Jüngern in Emmaus

„…Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen. Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben. Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach’s und gab’s ihnen. Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn.“
(Lukas 24, 28-31)

Nach der Kreuzigung Jesu machen sich zwei Jünger tief enttäuscht auf den Weg nach Hause. Unterwegs treffen sie auf einen Fremden, der sie den Tag über begleitet. Als sie in dem Dorf Emmaus einkehren und dort das Mahl mit ihm teilen , erkennen sie in dem Fremden den Auferstandenen Jesus.
Crodel stellt die drei Männer an einem leeren Tisch da. Jesus sitzt rechts. Er ist von hinten gezeichnet. Der Stützbalken des Hauses scheint Jesus ihn von den beiden anderen zu trennen.
Auf dem Tisch steht weder Brot noch Wein. Entscheidend ist das „Erkennen“ der Jünger, nicht nur seine Präsenz beim Abendmahl.
Ein Platz an dem Tisch an der Seite Jesu ist noch freigelassen. Vielleicht vermag der Betrachter des Bildes sich gedanklich mit an den Tisch begeben? Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete…“Würde man selbst Jesus erkennen?