
Andacht Karfreitag
10.04.2020
Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Johannes 3,16
Psalm 22 (Übertragung von Peter Spangenberg)- Du hörst mich doch?
Mein Gott, mein lieber Gott, warum bist du so weit weg?
Ich grüble und suche, ich rufe und weine: Alles bleibt still.
Den ganzen Tag lang quäle ich mich mit den Gedanken,
warum du so weit weg bist, und nachts finde ich nicht in den Schlaf.
Aus den Geschichten der Bibel weiß ich, dass du immer mitten drin warst im Leben der Menschen.
Aber ich komme mir so klein vor, so unwichtig und habe den Eindruck, als würden andere Leute mich immer schräg ansehen.
Manchmal sehe ich wie im Traum die anderen um mich herum mit weit aufgesperrten Mäulern, als wollten sie mich fressen.
Lieber Gott, du hast mir doch zur Welt geholfen, als meine Mutter mich zur Welt brachte, und wohlgefühlt habe ich mich, wenn sie mich stillte.
Sei bitte dicht bei mir, ich brauche dich.
Ich brauche dich im Kampf gegen die Angst, die mich aufspießen und auf die Hörner nehmen will.
Oft denke ich, es hat alle keinen Sinn. Dann schnürt es mir regelrecht die Kehle zu.
Du hörst mich doch? Ich möchte gern wieder in der Kirche sitzen, mit anderen zusammen beten und singen und zuhören, wenn gepredigt wird, und am Schluss sagen:
„Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.“
AMEN
Der Karfreitag ist ein trauriger Tag. Jesus stirbt auf sehr grausame Weise und wir erinnern uns heute daran.
In seinem schlimmsten Moment fühlt er sich sehr verlassen. Sogar von Gott verlassen. Das kennen wir alle.
Wer von uns fühlt sich nicht ab und zu verlassen? Gerade in dieser Krise. Wie fühlen wir uns ohne die uns lieb gewordenen Gewohnheiten oder ohne unsere Liebsten in der Nähe? Ohne Freunde? Ohne Körperkontakt? Ohne Umarmungen?
Dazu kommt Angst.
Angst vor Krankheit. Angst vor Tod.
Wie der Psalmbeter sehnen auch wir uns vielleicht nach mehr als jetzt ist. Wie z.B. einfach nur mal wieder in der Kirche zu sitzen. Mit anderen singen, beten, einer Predigt lauschen. Gemeinschaft haben, schnacken beim Kirchenkaffee.
Mit allen Sinnen. Sich spüren, Schwingungen wahrnehmen, sich in die Augen gucken….
Wir durchleben schwere Zeiten. Jeder ein bisschen anders.
Wir fühlen uns verlassen. Vielleicht auch von Gott. Besonders heute, wenn wir mit Jesus leiden.
Aber die gute Nachricht ist:
Ostern kommt! Das Leben wird über den Tod siegen!
Die Liebe und das Licht werden die Finsternis besiegen!
Und schon jetzt und nicht erst dann dürfen wir sagen:
„Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit. In Ewigkeit.“
Anja Telkamp
Lesen oder singen Sie dazu das Lied Nr. 85 aus dem Evangelischen Gesangbuch
O Haupt voll Blut und Wunden...
1. O Haupt voll Blut und Wunden,
voll Schmerz und voller Hohn,
o Haupt, zum Spott gebunden
mit einer Dornenkron,
o Haupt, sonst schön gezieret
mit höchster Ehr und Zier,
jetzt aber hoch schimpfieret:
gegrüßet seist du mir!
5.Erkenne mich, mein Hüter,
mein Hirte, nimm mich an!
Von dir, Quell aller Güter,
ist mir viel Guts getan;
dein Mund hat mich gelabet
mit Milch und süßer Kost,
dein Geist hat mich begabet
mit mancher Himmelslust.
6.Ich will hier bei dir stehen,
verachte mich doch nicht,
von dir will ich nicht gehen,
wenn dir dein Herze bricht;
wenn dein Haupt wird erblassen
im letzten Todesstoß,
alsdann will ich dich fassen
in meinen Arm und Schoß.
9.Wenn ich einmal soll scheiden,
so scheide nicht von mir;
wenn ich den Tod soll leiden,
so tritt du dann herfür;
wenn mir am allerbängsten
wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Ängsten
kraft deiner Angst und Pein.
10. Erscheine mir zum Schilde,
zum Trost in meinem Tod
und laß mich sehn dein Bilde
in deiner Kreuzesnot.
Da will ich nach dir blicken,
da will ich glaubensvoll
dich fest an mein Herz drücken.
Wer so stirbt, der stirbt wohl.