Jahreslosung 2021

Andacht zur Jahreslosung (unter dem Text Link zum Silvester-Gottesdienst)

01.01.2021

Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! <Lk.6,36>

Bei Wikipedia steht unter anderem: Barmherzigkeit ist eine Eigenschaft des menschlichen Charakters. Eine barmherzige Person öffnet ihr Herz fremder Not und nimmt sich ihrer an. Es geht bei der „Barmherzigkeit“ weniger um ein Mit-Fühlen als um eine Großherzigkeit. Sie gilt als eine, der Haupttugenden und wichtigsten Pflichten der monotheistischen Religionen. Im Juden- und Christentum und im Islam wird die göttliche Barmherzigkeit als herausragende Eigenschaft Gottes angesehen.

Heute muss man beim Begriff „Barmherzigkeit“ etwas weiter ausholen, vielen ist er nicht mehr geläufig. Wer benutzt schon noch das Wort „barmherzig“ in unseren alltäglichen Gesprächen, in den Nachrichten oder der Zeitung? „Barmherzigkeit“ ist out.

Auch wenn wir den Begriff nicht mehr verwenden, die Sache selber, Barmherzigkeit, ist noch lange nicht out. Weil wir schlecht definieren können, was Barmherzigkeit eigentlich ist, benutzen wir Beispiele. Barmherzigkeit lernt man nicht, indem man einen Barmherzigkeits-Ratgeber liest, nach dem Motto: „Barmherzigkeit für Anfänger“, oder: „Barmherzigkeit in 30 Tagen. Barmherzigkeit lernt man, indem man sieht, was ein barmherziges Verhalten ist.

In der Bibel erzählt Jesus so eine Geschichte, die vielen von uns bekannt ist: Die Geschichte vom barmherzigen Samariter. In dieser Geschichte ist alles enthalten, was ein barmherziges Verhalten ausmacht. Zu Erinnerung: Da wird ein Reisender unterwegs überfallen und halbtot im Straßengraben liegen gelassen. Nacheinander kommen drei Personen die Straße entlang. Von den ersten beiden hätte man eine sofortige Hilfe erwarten können: Sie kommen nicht nur aus demselben Volk, sie haben es auch berufsmäßig mit Religion zu tun und sollten sich von daher eigentlich moralisch richtig verhalten können. Aber weit gefehlt. Sie ignorieren den halbtoten Reisenden und gehen achtlos an ihm vorüber. Nur der Dritte hilft ihm, tut das Richtige, er sieht nicht weg, sondern schaut hin, sieht die Not, das Elend des am Boden liegenden Mannes, hat Mitleid und hilft. Barmherzigkeit ist die handfeste helfende Tat.

Kein Überlegen, kenn ich den Bedürftigen, mag ich ihn, ist er es Wert, macht es sich langfristig bezahlt, wenn ich helfe, könnte es mir schaden?

Nein, eine solche Überlegung spielt bei der Barmherzigkeit keine Rolle. Die Barmherzigkeit sieht die akute Not und greift helfend ein. Wer das Gegenüber ist, ob reich ob arm, ob gut ob schlecht, das spielt für die Barmherzigkeit keine Rolle. Sie tut, was sie tut auf Vorschuss und ohne nach dem eigenen Vorteil zu schielen. Und daher ist sie völlig ohne Gegenleistung, völlig unverdient und immer überraschend. Sie ist auch keine gönnerhafte Hilfe von oben herab, sondern der barmherzige Samariter geht zum Notleidenden hin und begegnet ihm auf Augenhöhe.

Genau das tut unser Gott Tag für Tag für uns. Ohne Ansehen, ohne Leistung von uns, ohne dass wir es verdient hätten.

Genau das ist unsere Aufgabe von Gott in der Jahreslosung: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Ausschlaggebend ist das Wörtchen „wie“. Ähnlich wie beim Gleichnis vom barmherzigen Samariter weist uns das Wörtchen „wie“ auch an dieser Stelle zunächst auf einen Vergleich mit einem Vorbild hin. Übt eine solche Barmherzigkeit in der Welt, an euren Eltern, euren Geschwistern, euren Ehemännern, euren Ehefrauen, euren Kindern, euren Mitschülerinnen, euren Arbeitskolleginnen, euren Nachbarinnen, wie ihr sie an eurem himmlischen Vater seht, wie ihr sie durch euren himmlischen Vater an euch selbst erlebt habt.

Das ist schon was. Und was das für eine Barmherzigkeit Gottes ist, die können wir in der Bibel nachlesen, die können wir in diesem neuen Jahr in den Gottesdiensten nachfeiern, an Weihnachten, Karfreitag, Ostern und Pfingsten, die wird uns zugesagt, dass wir Gottes geliebte Kinder sind und dass es nichts gibt, dass uns jemals dieser Liebe abspenstig machen könnte.

Damit ist aber auch klar. Dieses „wie“ in der Jahreslosung, dass die beiden Satzhälften zusammenbindet ist nicht so gemeint, dass wir nur auf das Kind in der Krippe oder den Mann am Kreuz schauen müssten – und schon wüssten wir, wie das geht mit der Barmherzigkeit. Diese Barmherzigkeit können wir uns nicht zum Vorbild nehmen oder nachahmen. Sie lässt sich nicht mit unserer Barmherzigkeit verrechnen oder vergleichen. Sie ist uns immer schon einen Schritt voraus und uns unendlich überlegen.

Die Barmherzigkeit Gottes können wir nicht leisten, nur erfahren, sie wird uns zuteil, wenn wir sie nötig haben. Wer erkannt hat, dass er der Barmherzigkeit Gottes bedarf, der kann auch mit anderen barmherzig sein. Wir alle brauchen Barmherzigkeit, niemand ist davon ausgenommen.

Barmherzigkeit soll unser Leben bestimmen. Sie soll zu spüren sein in unseren Beziehungen. Sie wird im Kleinen sichtbar, wenn einer über seinen Schatten springen kann und sich an seinem Nächsten nicht ärgert, sondern sich ihm zuwendet, wie er ist. Sie wird konkret dort, wo wir spontan und ohne Angst zu haben, selbst zu kurz zu kommen, die Not eines Mitmenschen lindern. Sie wird unsere Gesellschaft dort verändern, wo wir nicht auf die Einhaltung von Recht und Gesetz pochen, sondern unsere Herzen für alle öffnen, die Hilfe brauchen.

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!

Ein gesegnetes neues Jahr, voller Barmherzigkeit für Sie, voller Barmherzigkeit von Ihnen, und Gottes Gegenwart auf allen Wegen,

Ihre Uta Letz

 

Von guten Mächten treu und still umgeben,

behütet und getröstet wunderbar,                                          

so will ich diese Tage mit euch leben

und mit euch gehen in ein neues Jahr.

 

Noch will das alte unsre Herzen quälen,

noch drückt uns böser Tage schwere Last.                                 

Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen das Heil,

für das du uns geschaffen hast.

 

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken

an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,                         

dann wolln wir des Vergangenen gedenken,

und dann gehört dir unser Leben ganz.

 

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,

die du in unsre Dunkelheit gebracht,                              

führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.

Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

 

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,

so lass uns hören jenen vollen Klang der Welt,                      

die unsichtbar sich um uns weitet,

all deiner Kinder hohen Lobgesang.

 

Von guten Mächten wunderbar geborgen,

erwarten wir getrost, was kommen mag.                                      

Gott ist bei uns am Abend und am Morgen

und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

 

Dietrich Bonhoeffer

 

Hier finden Sie den Link zu unserem Online-Silvester-Gottesdienst aus Großsolt

Sie nehmen Kontakt mit dem WhatsApp-Team des Kirchenkreises auf und stimmen den Datenschutzbedingungen zur Nutzung unseres Messenger-Services zu.

MessengerPeople

Sie nehmen Kontakt mit dem WhatsApp-Team des Kirchenkreises auf und stimmen den Datenschutzbedingungen zur Nutzung unseres Messenger-Services zu.

MessengerPeople