Uwe Appold: Gestaltungskonzept für St. Gertrud

Gerne und mit Freuden habe ich die Aufgabe übernommen, in Zusammenarbeit mit Axel Gülstorf und Helge Bruhn vom Büro Asmussen & Partner, ein Gestaltungskonzept zu entwickeln, das einerseits die Absichten des Architekten Rieve berücksichtigt, andererseits aber den gewandelten Ansprüchen an Liturgie, Kirchraumgestaltung, Außenwirkung und Wünschen des Kirchenvorstandes - stellvertretend für die Gemeinde -, Rechnung zu tragen. Neben diesen anspruchsvollen Anforderungen galt es, eine Konzeption zu erarbeiten, die das Treppenhaus und den Ausbau des Obergeschosses in allen seinen Teilen beinhaltet, um die Einheit des Gesamtkonzeptes nachvollziehbar zu verdeutlichen.

In der Sommersitzung des Kirchenvorstandes im Jahr 2009 wurden nach intensiven Vorgesprächen und fruchtbaren Dialogen die Vorgaben für die Gestaltung des Kirchraumes formuliert: 

  • die ursprüngliche Gestaltung des Architekten Rieve, der in der Mitte des 20.Jahrhunderts das Gemeindezentrum baute, ist Grundlage der Gestaltung 
  • mit zwei runden Glasfenstern ist die Altarwand zu öffnen
  • der Altartisch ist von der Wand zu lösen
  • die unterschiedlichen Gestaltungsmittel und Werkstoffe sind einander anzugleichen 
  • das Lesepult ist zierlicher zu gestalten
  • die liturgischen Orte sind deutlicher heraus zu arbeiten

Inhaltlich formulierte dazu der Kirchenvorstand einen prägnanten Arbeitsauftrag, nach dem der Kirchraum zu gestalten war: Harmonischer, einheitlicher, aufgeräumter, freundlicher, im Altarbereich konzentrierter, im Gemeindebereich weiter.

Den roten Faden für das Gestaltungskonzept fand ich an der Kanzel in dem ersten der sieben Ich-Bin-Worte Jesu aus dem Johannesevangelium: Ich bin das Brot des Lebens, Joh 6,35, das als Kerbschnitzerei die Vorderfront schmückt. Jedes der sieben Worte hat für sich seine Wirkung und steht dennoch im Zusammenhang mit dem gesamten Evangelium. Aus dem Grunde entschloss ich mich, die Worte Jesu zur Grundlage meiner Gestaltung zu machen.

Für die Hinterglasmalerei des Haupteinganges wählte ich das sechste Wort: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, Joh 14, 6. Die bewegte Malerei zeigt mit kräftigen, transparenten Farben den Ausschnitt eines dynamischen, aufwärts strebenden Weges. Die Rille in der steinernen Einfassung des Fensters wurde blau gefasst, dadurch wird die Eingangssituation als Tor oder Tür betont und bezieht sich damit direkt auf das dritte Wort: Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden, Joh 10,9.

Im Vorraum erwarten den Besucher zwei Farbtöne im Dialog. Die hellgrüne Wand unter der Treppe bezieht sich symbolisch auf die Paradieserfahrung und –erwartung, auf die Hoffnung, die Erneuerung und Zuversicht. Die gelbe Laibung des Fensters hinter der Treppe verbindet sich mit der Vorstellung des Lichtes, zugleich wandelt das Gelb das einfallende Tageslicht warm um.

Der Altarraum erfüllt die Anforderungen des Kirchenvorstandes in mehrfacher Hinsicht. Eine der Forderungen war, die Trinität in der Gestaltung zu visualisieren. Auffällig sind zunächst die zwei Rundfenster, die behutsam in Dimensionierung und Position eingefügt, mit der Altarrückwand in liturgischer Qualität eine Einheit bilden. Das linke Glasfenster aus Edelstahl und mundgeblasenem Echtantikglas thematisiert das vierte Wort: Ich bin der gute Hirte, Joh 10,11. Das rechte Fenster findet seinen Wesensgehalt in der Darstellung des siebten Wortes: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, Joh 15,5.
Zentrum des Kirchraumes ist das zweite Wort: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in Finsternis, Joh 8,12. Das Kreuz wurde in seiner ursprünglichen Größe wieder hergestellt und geht mit der Wandmalerei eine Verbindung ein, die über Karfreitag hinaus auf das österliche Licht und die Auferstehung verweist.

Die Prinzipalstücke wie Altar und Kanzel sind geringfügig überarbeitet worden, Ambo und der Ständer für die kunsthandwerklich bedeutsame Taufschale harmonieren in zurückhaltender farbigen Fassung als Ganzheit im Altarraum miteinander. 

Uwe Appold Januar 2010