Das Wort zum Sonntag - 05. 04.2020
02.04.2020
Liebe Gemeinde! Der Palmsonntag eröffnet die Karwoche. In dieser Woche überschlagen sich die Ereignisse. Jesus zieht in Jerusalem ein und die Menschen empfangen ihn mit Hosianna-Rufen. Und bald schon fordern sie seinen Tod. Jesus stirbt am Kreuz. Karfreitag. In unserem Predigttext aus dem Markusevangelium (Markus 14,3-9) wird eine merkwürdige Begegnung erzählt. Eine Frau kommt zu Jesus und salbt ihn mit einem sehr kostbaren Öl. Seine Jünger regen sich darüber auf: „Was soll diese Vergeudung des Salböls? Man hätte dieses Öl … verkaufen können und das Geld den Armen geben.“ Haben sie nicht recht? Warum macht diese Frau das? Ist sie verrückt? Und wie reagiert Jesus?
Jesus sagt: „Lasst sie! Was bekümmert ihr sie?“ Jesus nimmt sie in Schutz. Er weiß, dass ihr Handeln verrückt ist. Oder besser gesagt: Die Maßstäbe sind verrückt. Die Frau salbt ihn aus Liebe und Liebe rechnet nicht. Sie ist im Besitz eines ziemlich wertvollen Öls, warum auch immer, und das Öl opfert sie – aus Liebe. Sie muss eine lebenswendende Erfahrung mit Jesus gemacht haben. Dafür ist sie so dankbar und hingebungsvoll, dass sie nicht danach fragt, ob sie etwas Wertvolles vergeudet. Sie fragt nicht danach, ob es verhältnismäßig oder unverhältnismäßig ist. Sie rechnet nicht, weil Liebe nicht rechnet!
Jesus erkennt im Handeln der Frau, in der Salbung etwas Zeichenhaftes, etwas, das eigentlich noch gar nicht dran ist, das aber bald dran sein wird: „Sie hat meinen Leib im Voraus gesalbt zu meinem Begräbnis.“ Verrückt? Ja, aber anders verrückt: Die Maßstäbe sind verrückt. Die Liebe wird zum Maßstab des Handelns, und nicht das sachliche Abwägen von Sinn oder Unsinn. Die Liebe ist auch der Maßstab für Jesu Weg ans Kreuz. Die Liebe rechnet nicht.
Der Dichter Erich Fried (1921-1988) hat in seinem Gedicht „Was es ist“ diese Liebe beschrieben:
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Ihnen allen Gottes Segen und herzliche Grüße auch vom Kirchengemeinderat!
Ihr Pastor Norbert Siemen