
Das Wort zum Sonntag - 19.04.2020
16.04.2020
Liebe Gemeinde, im Predigttext für den kommenden Sonntag spricht der Prophet Jesaja den Israeliten, die im Exil leben, Mut zu: „Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden (Jesaja 40,31).“ Ihre Grundstimmung hatte sich verdüstert. Alles, was zu einem erfüllten Leben gehört, schien verloren, alles, worauf sich der Glaube gründet, schien bedeutungslos geworden. Die Sehnsucht nach Veränderung ist verblasst, überlagert von der Unausweichlichkeit der Situation. Sie sind müde und matt. Jesaja erinnert sie an den, der die Welt und alles geschaffen hat, an Gott, den Schöpfer: „Hebet eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat dies geschaffen? (Jesaja 40,26)“
Schon ein kleiner Gang nach draußen in die Schöpfung Gottes kann helfen, die angestaute düstere Stimmung zu vertreiben, kann uns neu beleben und vielleicht auch „fromm erregen“, wie der Theologe Schleiermacher vor gut 200 Jahren meinte: Schleiermacher nannte den Glauben ein Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit. Der Blick nach oben kann zu „frommen Erregungen“ führen, die „Lebenshemmungen“ aufheben und zu einer Lebensförderung beitragen, bei der uns Flügel wachsen. „Es lässt sich“, so der Theologe, „keine christlich fromme Erregung denken, bei welcher wir uns nicht zugleich als in den Naturzusammenhang gestellt fänden.“
Dieser Gedanke wird auch in dem in Goethes „Faust“ beschriebenen Osterspaziergang lebendig: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick, im Tale grünet Hoffnungsglück ... Sie feiern die Auferstehung des Herrn, denn sie sind selber auferstanden.“ Der Blick nach oben in den Frühlingshimmel, sei es bei Tag oder bei Nacht, und die sich endlich wieder zu frischem Grün aufschwingende Natur - all das kann das Herz weiten, dem inneren Menschen zu neuer Kraft und Stärke verhelfen.
Das ist doch auch die Osterbotschaft: Nach der Kreuzigung kommt die Auferstehung, nach dem Tod kommt das Leben. Wir bleiben nicht müde und matt, sondern „die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden“.
Ihnen allen Gottes Segen und herzliche Grüße auch vom Kirchengemeinderat!
Ihr Pastor Norbert Siemen