Christine le Coutre übernimmt von Klaus Machlitt (Foto: Ahrens)

KapitänInnenwechsel auf dem kirchlichen Beratungsschiff

25.05.2022

Der langjährige Leiter der kirchlichen Erziehungs- und Lebensberatungsstellen in Schleswig und Süderbrarup, Klaus Machlitt, ist am Freitag, 13. Mai 2022 in den Ruhestand verabschiedet worden.

Die neue Kapitänin Christine le Coutre ist bereits ab 1. März an Bord. „Ich übergebe ein gut ausgestattetes Schiff an eine hervorragende Kapitänin“, sagt Klaus Machlitt und Christine le Coutre erwidert: „Ich danke, dass ich ein tolles Schiff mit Super-Crew übernehmen darf. Ich freue mich auf den Törn.“

Die 52-jährige Diplompsychologin Christine le Coutre war vorher Leiterin einer ähnlichen Beratungsstelle in Bayern. Der Stellenwechsel hat ihr den Umzug in ihre alte Heimat Schleswig-Holstein ermöglicht.

Was die Beratungsstellen angeht, bleibt Machlitt, der in seiner Freizeit segelt, im maritimen Bild. Er nennt sie für so manche Kinder, Jugendliche und Erwachsene „einen Rettungsring, der den Menschen eine neue Richtung gibt. Viele kämen mit der Frage, ob ein bestimmtes Verhalten des Kindes oder Jugendlichen noch normal sei. Und manche würden sich schämen, weil es Probleme gebe. „Da wünsche ich mir einen wohlwollenden Blick“, sagt Machlitt. Die Anforderungen an die Eltern seien hoch und Fehler seien normal. Er sagt: „Es ist dann möglich, sich weiterzuentwickeln, wenn ich wohlwollend und lernbereit hinschaue, anstatt mich oder andere zu verurteilen.“

Bei dieser Weiterentwicklung hilft dann auch das hochkompetente Team der Beratungsstellen, zu dem zehn Psycholog*innen und Sozialpädagog*innen gehören. Sie arbeiten vernetzt, niederschwellig und meist vergleichsweise kurzfristig. Sowohl die Kinder- und Jugendtherapeut*innen als auch die psychiatrischen Kliniken seien auch aufgrund der Corona-Folgen überlastet, führt le Coutre aus. Sie berichtet, dass Jugendliche manchmal ein halbes Jahr auf einen Therapie- oder Klinikplatz warten müssten. Dann begleiten die Berater*innen auch die Überbrückungszeit.

Machlitt und le Coutre sind sich einig, dass sich die Zusammenarbeit mit den Familien in den letzten Jahren verändert habe: Während früher die Kinder als Symptomträger behandelt wurden, käme heute die ganze Familie als System in den Blick. Und auch bei den großen Themen, die in den letzten Jahren dazugekommen sind, nennen beide die Gleichen. Dazu gehören die Folgen der Corona-Krise: Homeschooling, gleichzeitig Homeoffice, wenige Kontakte und viel Zeit mit sozialen Medien habe oft zu dicker Luft geführt, beschreibt le Coutre. „Jetzt gilt es, die Kurve zu kriegen und die Probleme in den Blick zu nehmen. Und es gilt, zurück in die Sportvereine zu gehen und die Freundschaften zu pflegen“, ergänzt Machlitt.

Das zweite große Thema: Die Handy-Nutzung. Christine le Coutre sagt: „Viele denken immer, es geht nur um die Handynutzungszeiten bei den Kindern und Jugendlichen. Das ist in vielen Familien ein großes Streitthema.“ Genauso wichtig sei aber die Frage, wie hoch der Handykonsum bei jungen Eltern sei – gerade kleine Kinder seien auf Augenkontakt und die Reaktion der Eltern angewiesen, um sich selbst zu erfahren und einzuordnen. Le Coutre sagt. „Kinder können diese parallele Interaktion zwischen Eltern und Handy bzw. Eltern und Kind nicht begreifen. Wenn Eltern beim Kinderwagenschieben parallel aufs Handy gucken und plötzlich ihren Gesichtsausdruck verändern, weil im Handy-Film was Aufregendes, Böses oder Lustiges geschieht, bezieht das Kind dieses Verhalten auf sich.“ Im schlechtesten Fall würde dies zu massiven Beziehungsstörungen führen, so le Coutre.

Neben der klassischen Erziehungs-, Familien- und Lebensberatung bietet das Team der Beratungsstelle auch Kurse an, in denen es beispielsweise um die Frage geht, wie getrennte Eltern ein gutes Team für ihre Kinder bleiben können.

Klaus Machlitt sagt: „Fehler machen wir alle. Damit sollten wir milde umgehen – und bereit sein, darüber nachzudenken und uns zu entwickeln. Einmal habe er einen Jugendlichen fast aufgegeben – er war nicht beschulbar, hat mächtig viel Scheiß gebaut und ist früh im Knast gelandet. Doch der gemeinsame Blick auf die Stärken hat dann hohe Musiktalente offenbart. Machlitt und andere haben an ihm festgehalten. Heute tourt er durch Deutschland, singt in ausverkauften Hallen und hat Plattenverträge. Machlitts Fazit seiner langjährigen Berufserfahrung: „Es lohnt sich immer, sich mit den Jugendlichen zu beschäftigen. Niemand ist verloren.“