Kleine Auszeit: "Bin ich ein schlechter Mensch?"
09.08.2024
Kleine Auszeit von Pastorin Silke Wierk, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Harrislee
Ich gebe zu, ich gehöre zu den Menschen, die sich wundern, dass Sport Nachrichtenwert hat. Und bin dann doch wieder begeistert von großen Wettkämpfen. Olympia! Größer geht’s nicht. Dachte sich wohl auch ein Sportartikelhersteller und zeigte direkt vor der Eröffnung der Spiele einen Spot, der, tja, mich lange beschäftigte. Aufmerksamkeit gewonnen, Ziel erreicht, liebe Werbetreibende?
„Bin ich ein schlechter Mensch?“, fragt da immer wieder eine Männerstimme, dazu Bilder von Sportlern und Sportlerinnen, dass einem angst und bange werden kann. Musik und aufpeitschende Worte: „Besessen“, „egoistisch“, „machtbesessen“, „wahnhaft“, „manisch“, „keine Reue“, „kein Mitgefühl“ – „Du denkst, ich bin ein schlechter Mensch? Na los, sag’s mir“. Verzerrte Gesichter. Die Antwort am Ende des Spots: „Ich bin besser als alle anderen“ und „Siegen ist eben nichts für jeden“.
Liebe Werbetreibende, ich dachte, Olympia, das bedeutet: „Dabeisein ist alles“. Die Idee von etwas Größerem, die Weltgemeinschaft, die im Sport streitet – nicht im Krieg. Die sich vor allem begegnet. Denn menschlich ist der Wunsch zu siegen genauso wie das Mitgefühl für die, die verlieren. Das sind für mich große Olympia-Momente: Die Schwimmerin, die vierte wird und sagt: „Man sieht immer nur die ganzen Medaillen. Man sollte auch die anderen Plätze würdigen, sie sind nicht minderwertig. Es steckt genauso viel Leid und Schweiß dahinter“. Respekt!
Ich denke an die sportbegeisterten Jugendlichen, die ich kenne. Die alles geben, aber, egal ob Sieg oder Niederlage, dem Gegner die Hand reichen. Urkunden sind schön, ja, aber sie machen keinen besseren Menschen aus einem. Jugendliche wissen das noch.
„Gott lässt seine Sonne scheinen über Gerechte und Ungerechte“, sagt Jesus. Denn Menschen sind sie alle. Liebe Werbetreibende, kommen Sie gern mal ins Konficamp, zu einem der Wettkämpfe – vielleicht dem um die „Goldene Klobürste“ für’s engagierte Saubermachen? Sie hätten am Ende allemal bessere Bilder.