Kleine Auszeit: "Es gibt ein ‚Zu-spät‘"
20.11.2025
Kleine Auszeit von Michael Bruhn, Pastor im Bibelzentrum Schleswig
Plötzlich und unerwartet. Für alle unfassbar. Viel zu jung. In Todesanzeigen finden sich solche und ähnliche Aussagen. Gedanken, die Betroffenen in den Sinn kommen, wenn sie vom Tod eines Menschen überrascht wurden.
Oft sind neben der Trauer um einen geliebten Menschen auch Lücken geblieben: Worte, die wir gern noch gesagt hätten. Dinge, die ungetan blieben. Entschuldigungen, die nicht mehr ausgesprochen werden können. Dank, der nicht mehr geäußert werden kann und anderes. Ich weiß nicht, wie oft ich bei Trauergesprächen den Satz gehört habe: „Wir wollten doch noch…“ Menschen spüren: Es gibt ein ‚Zu-spät‘.
Jesus warnt vor diesem ‚Zu-spät‘ im Gleichnis über das Himmelreich. Von 10 Jungfrauen kommen fünf zu spät. Sie kommen nicht in den Hochzeitssaal. Sein Rat an dieser Stelle lautet: „Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.“
Es gibt ein ‚Zu-spät‘. Das Leben miteinander ist kostbar. Gemeinsame Zeit ist endlich. Liebe, Vergebung, Versöhnung, Dankbarkeit lassen sich nicht beliebig hinauszögern. Verschiebe nichts auf morgen: Du kennst weder Tag noch Stunde.
Am Ewigkeitssonntag spüren wir, was das „Zu-spät“ bedeutet: Wir können manchen Menschen nicht mehr begegnen, uns nicht mehr entschuldigen, kein „Ich hab dich lieb“ mehr sagen. Das schmerzt. Und doch dürfen wir darauf vertrauen: Was uns zu spät scheint, ist in Gottes Ewigkeit nicht verloren. Gott ist größer als unsere verpassten Gelegenheiten.
Aber es gilt, wachsam zu sein. Handeln, solange Zeit ist. Denn jeder Tag ist eine Gelegenheit, Liebe zu schenken, Frieden zu stiften, Zeit miteinander zu verbringen und das Leben zu feiern. Da wo der Tod sagt: „Es gibt ein Zu-spät“, sagt unser Glaube: „und dennoch Hoffnung über das Ende hinaus“.
Michael Bruhn, Pastor im Bibelzentrum Schleswig