Foto: Johannes Ahrens

Kleine Auszeit: "Gewissensfrage"

28.06.2024

Kleine Auszeit von Johannes Ahrens, Stadtpastor in Flensburg

Man erschießt keine Zivilisten von Hubschraubern aus. Punkt. Schon gar nicht, wenn man sich als Hort von Demokratie und Menschenrechten versteht. Darauf hat Julian Assange zu Recht gepocht, als er Kriegsverbrechen von US-Amerikanern während des Irak-Krieges über die Plattform WikiLeaks öffentlich machte. Nun ist er - endlich - nach jahrelanger Irrfahrt auf der Suche nach einem sicheren Ort freigekommen und durfte in seine australische Heimat einreisen. Für mich ist Julian Assange kein Verräter, sondern ein Vorbild.

Whistleblower heißen heutzutage Menschen, die öffentlich frühzeitig auf Missstände hinweisen. Sie „verpfeifen“ die Mächtigen und nehmen dabei in Kauf, bei ihren Vorgesetzten in Ungnade zu fallen, als „Netzbeschmutzer“ beschimpft, als „Geheimnisverräter“ inhaftiert, mit endlosen Scheinprozessen überzogen oder einfach umstandslos umgebracht zu werden. Weil sie an mehr als sich selbst glauben. Propheten heißen sie in der Bibel. „Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich“, sagt Jesus in der Bergpredigt.

Unsere Welt braucht Menschen mit eingebautem inneren Frühwarnsystem. „Gewissen“ könnte man dazu auch sagen. Kein Land, kein Verein, keine Institution - und erst recht nicht die Kirche - kommen ohne sie aus. Deshalb danke ich Gott für alle Menschen, deren innere Gewissensstimme so laut zu ihnen spricht, dass sie einfach nicht schweigen können - selbst wenn sie wollten.