Kleine Auszeit: "Große Sehnsucht nach Licht"
22.11.2024
Kleine Auszeit von Kristina Fiedler, Pastorin in St. Johannis Flensburg
Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Ich habe schon einen Leuchtestern aus dem Keller geholt. Den großen, der fast das ganze Fenster ausfüllt. Das lief so:
Ich: Deine Zeit im Keller ist vorbei, Lieblings-Advents-Stern! Komm, ich häng dich ins Fenster!
Stern: Ist das nicht noch zu früh? Versteh mich nicht falsch, ich leuchte dir und den Menschen auf der Straße gern! Aber die Regel sagt doch: Erst nach Ewigkeitssonntag darf ich raus! Und gerade du als Pastorin solltest dich doch daran halten, oder nicht?
Ich: Erwischt! Ich find diese Tradition ja eigentlich gut: Zusammen die Schwere aushalten und um die Toten trauern. Den Tod nicht verdrängen, auch wenn es unangenehm ist. Und danach bewusst umso fröhlicher die Adventszeit beginnen, mit Lichterglanz, Plätzchen und Singen…
Stern: Aber dieses Jahr ist es anders?
Ich: Dieses Jahr fühlt sich für mich die Welt besonders dunkel an. Meine Sehnsucht nach Licht ist so groß! Und ich hatte eine Begegnung, nach der ich finde, dass dein Sternenlicht gar nicht so sehr im Gegensatz zum Denken an die Toten steht.
Stern: Das musst du mir erklären.
Ich: Eine alte Frau auf ihrem Sterbebett hat neulich zu mir gesagt, dass sie keine Angst vor dem Sterben hat. Im Gegenteil: Sie ist sogar neugierig, was danach kommt! Das wird schön werden, meint sie. Gott hat das ewige Leben sicher gut gemacht, so wie sie ihn kennt. Das hat mich tief gerührt und meinen Tag hell gemacht.
Stern: Wie hoffnungsvoll! Weißt du was? Wenn die Leute fragen, warum du schon vor dem Advent einen Stern aufgehängt hast, dann sag doch einfach, ich bin dein Hoffnungsstern!
Ich: Das mach ich glatt! Und sowieso: Traditionen sind ja da, um den Menschen gut zu tun. Wer sich über dich beschwert, lieber Stern, der braucht dich wohl insgeheim umso dringender!