Kleine Auszeit: "Leben vor dem Tod"

28.03.2024

Kleine Auszeit von Rebecca Lenz, Pröpstin in der Propstei Flensburg

Ein Cartoon der Peanuts: Charlie Braun und Snoopy sitzen nebeneinander auf einem Steg. Beide sind nur von hintern zu sehen. Sie schauen in die Ferne aufs Wasser. „Eines Tages werden wir alle sterben, Snoopy!“ sagt Charlie Brown zu seinem schwarz-weißen Hund. „Ja,“ antwortet Snoopy. „Aber an allen anderen Tagen nicht.“

„Eines Tages werden wir alle sterben.“ Wenn eine Sache sicher ist, dann dies. Aber welche Stimmung schwingt da mit? Traurigkeit im Gedenken an Menschen, die man verloren hat? Melancholischer Weltschmerz, der einen zuweilen überkommt, wenn man am Ufer der Ostsee steht und in die Ferne blickt? Oder einfach nur Angst? Die Angst, wenn einem bewusst wird, wie die Zeit vergeht - sie rinnt dahin und irgendwann ist sie vorüber. Aus! Vorbei! Manche sagen diesen Satz vielleicht auch in einem wegwerfenden Ton – ja, is‘ nun mal so. Alles hat ein Ende, was soll’s? Es schwingen also unterschiedliche Stimmungen mit im Blick auf das Sterben.

Die Antwort von Snoopy passt in jedem Fall: „Ja, aber an allen anderen Tagen nicht.“ Ich stelle mir vor, dass Snoopy dabei mit dem Auge zwinkert. Zum Perspektivwechsel auffordert. Schau dir die Sache mal von der anderen Seite an. Statt des einen Tages alle anderen Tage. Statt der einen Feststellung die vielen Möglichkeiten. Vor dem Sterben kommt das Leben. Das ist ein Grund, für jeden einzelnen Tag dankbar zu sein. Jeder neue Tag ist eine Chance, ein Neubeginn, ein Geschenk. Zeit zum Leben, zum Lieben, zum Verschenken, für das Miteinander, zum Gutes tun. Das Leben im Blick behalten, ohne das Sterben zu verdrängen – das ist christlicher Osterglauben. Ostern feiern wir, dass wir auf ein Leben nach dem Tod hoffen dürfen. Zu Ostern gehört aber auch die Freude, dass es ein Leben vor dem Tod gibt, an jedem neuen Tag.

Eine gesegnete Osterzeit wünscht Ihnen
Rebecca Lenz, Pröpstin in der Propstei Flensburg