
Kleine Auszeit: "Mund auf"
25.04.2025
Kleine Auszeit von Ingo Gutzmann, Leiter des Regionalzentrums
„Machen Sie mal den Mund auf!“ sagt mein Zahnarzt zu mir, und ich tue es; ganz einfach.
Mach mal den Mund auf, sagt meine innere Stimme zu mir, wenn einer abfällig über andere Menschen spricht, wenn einer einen sexistischen „Witz“ erzählt, wenn einer schimpft über „die da oben“ oder über „die da unten“. Mach mal den Mund auf und ich tue es; ganz einfach.
Oder: Ich tue es ganz einfach nicht. Weil mir nicht gleich etwas Passendes eingefallen ist; weil es ja doch nichts bringt; weil ich eine unangenehme Situation vermeiden will, keine Konflikte!; weil ich Angst habe vor einer wütenden Reaktion; weil ich … Und die innere Stimme sagt: Ingo, du wolltest doch...
Ach, wäre ich doch anders: mutig – stark – beherzt. Aber wie kann ich das schaffen?
Üben! z.B. mit zwei kleine „Tricks“. Erstens: Fragen. Woher weißt du das? Wo hast du das schon mal erlebt? Wen kennst du, die so ist, wie du es beschreibst? Und woher glaubst du, kommt das? Zweitens: Sprich von dir. „Du, bei dem, was du sagst, wird mir unwohl.“ Und wenn’s für Level 2 reicht: „Ich finde, alle Menschen sollten die gleichen Rechte haben.“ „Ich habe anderes erlebt.“ „Ich finde es nicht richtig, alle ‚sowiesos‘ über einen Kamm zu scheren.“ Im besten Fall kommt ein Gespräch zustande, oder: du löst immerhin eine Irritation aus, oder: Du hast jedenfalls den Mund aufgemacht.
mutig – stark – beherzt. Die Losung des Kirchentags in Hannover mag auch für den Alltag in Schleswig, Brebel oder Fruerlund von Bedeutung sein. Große Worte – klein geschrieben, handhabbar gemacht.
Und: Meistens geht’s mir danach besser, wenn ich den Mund aufgemacht habe; nicht nur beim Zahnarzt. Gesegneten Sonntag!