Foto: Johannes Ahrens

Kleine Auszeit: "Pfingsten: Einander verstehen"

02.06.2023

Kleine Auszeit von Nadja Jöhnk, Pastorin im Vertretungsdienst des Kirchenkreises Schleswig-Flensburg

„Jetzt haben sie es geschafft!“ denke ich, als ich die Zeitung aufschlage: „Razzien bei der Letzten Generation“. Ich fühle mich in die RAF-Zeiten zurückversetzt. Jetzt sind wir so weit, dass sich zwei Fronten wie unversöhnlich gegenüber stehen. Die einen sagen „Die sind doch bekloppt!“ und die anderen: „Macht endlich was!“ oder vielleicht auch schon „Es hat ja sowieso alles keinen Sinn! Die werden nie was ändern.“

Und ich steh dazwischen und frage mich, wie es jetzt weitergehen soll. Es kann doch nicht sein, dass wir diejenigen kriminalisieren, die sich für den Klimaschutz einsetzen. Denn sie fordern, dass wir endlich in unserer Politik abbilden, was schon lange erkannt ist. Zu denken „Hauptsache, mir geht es gut!“ und „Bloß nichts verändern!“ war noch nie eine Lösung. Solche Ansichten aber gibt es. Und es gibt ernstzunehmende Sorgen: „Ich hab jetzt schon nicht genug zum Leben. Wie soll ich Klimaschutz bezahlen?“ 

Da prallen Ängste auf allen Seiten aufeinander. Angst aber ist ein schlechter Berater in unserer Demokratie. Und Demokratie ist ein schwieriges Geschäft. Ich bewundere und ich achte alle Menschen, die ihre Zeit in den Dienst der Demokratie stellen. Es sind Menschen, die nicht auhören, im Gespräch miteinander zu bleiben. Es sind Menschen, die sich auseinander reden, aber dann auch wieder zusammentun, um den guten Kompromiss zu finden. Es sind Menschen, die einander zuhören. Sie tun unserer Welt gut. Woher kommt ihre Kraft, frage ich mich manchmal - und ich denke, es ist ein Gottesgeschenk. Gottes Geist, der weht, wo er will. Dieser Geist (wir haben ihn ja gerade erst zu Pfingsten gefeiert) wird auch die Zerstrittenen wieder zusammen bringen, daran glaube ich. Sogar die, die einander jetzt für „bekloppt“ halten.