Foto: Wolfgang Pittkowski

Kleine Auszeit: "Reformatioween"

03.11.2023

Kleine Auszeit von Pastor Dr. Florian Fitschen, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Stapelholm

Es ist Dienstag Abend, es klingelt, ich öffne die Tür, und vor mir steht der Tod. Seine schwarze Kutte ist weit über das Gesicht gezogen.

Dahinter: Ein Skelett. Und eine Hexe.

Diese unheimliche Schar zieht um die Häuser, um von arglosen Menschen Süßigkeiten zu erbeuten: "Süßes, sonst gibt’s Saures!"

Als Pastor sage ich natürlich: "Wir feiern heute Reformationstag!" – während ich eifrig Lutherbonbons in Kürbisse fülle. Die gruseligen Gestalten verschwinden wieder im Dunkel der Nacht. Während ich die Tür schließe, denke ich:

Was hat das alles bloß mit dem Reformationstag zu tun? Am 31.10.1517 veröffentlichte Martin Luther in Wittenberg seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel. Diese Thesen verbreiteten sich vor allem unter seinen Studenten wie ein Lauffeuer. Noch am selben Abend zogen einige Gruppen von jungen Menschen von Haus zu Haus, bekleidet mit großen dunklen Kutten, die Kapuzen gegen den kalten Herbstwind weit über das Gesicht gezogen. Und für manche Leute muss dies auch eine unheimliche Schar gewesen sein. Doch was sie sagten, hatte nichts mit "Süßes, sonst gibt’s Saures" zu tun. So etwas Ähnliches hatten damals die Ablasshändler gepredigt: "Geld her, sonst gibt’s Fegefeuer!"

Doch diese eigenartigen Gestalten sagen nun: Gott vergibt dir, ohne dass du dafür bezahlen musst. Hier geht es nicht um Süßigkeiten, sondern ums Seelenheil. Und das bekommst du ohne materielle Gegenleistung. Allein aus Glauben an Christus erlangst du das ewige Leben. Der Tod ist besiegt.

Was für eine befreiende Nachricht, denke ich, während es erneut klingelt. Der Tod steht schon wieder vor der Tür und ruft: "Süßes, sonst gibt’s Saures!"