Pastor:innenkonvent zu Haltung, Dialog und Streitkultur
21.11.2025
Demokratiebildung war das Thema beim Gesamtkonvent der Pastor:innen am 11.11.2025
„Wenn Du Lügen oft genug wiederholst, fangen Menschen an, sie für möglich zu halten, glauben sie irgendwann und machen sie sich sogar zu eigen“, sagte der Politikwissenschaftler Paul Steffen aus Hamburg.
Gesamtkonvent der Pastor:innen
Er war am letzten Dienstag, 11.11.2025 der Hauptreferent des Gesamtkonvents aller Pastor:innen im Kirchenkreis, der in der Akademie Sankelmark stattfand. Das Tagesthema der circa 40 Pastor:innen vor Ort: „Demokratiebildung: Streitkultur, Haltung und Dialog“.
Den Vormittag gestaltete Steffen, indem sich theoretischer Input mit praktischen Übungen abwechselten – und am Nachmittag erprobten Mareike Brombacher, Referentin für Erwachsenenbildung im Kirchenkreis, und Johnna Bühr von der Stadt Flensburg dann ganz konkrete Techniken mit den Teilnehmer:innen, wie sie mit Andersdenkenden reden können.
Feindbilder blockieren den Dialog
Zum Einstieg unterschied Paul Steffen am Vormittag zwischen Stereotypen, Vorurteilen und Feindbildern. „Ein Feindbild ist ein Bedrohungsszenario, blockiert den Dialog und macht Angst. Feindbilder und Vorurteile bleiben haften und kleben fest“, sagte er, bevor er die Teilnehmer:innen augenzwinkernd nach eigenen Vorurteilen fragte. Von weiß-sockigen Birkenstock-Träger:innen über Menschen mit sächsischem Akzent bis hin zu HSV-Fans sammelten die Teilnehmer:innen einige Typisierungen zusammen.
Später dann ging es im Vortrag um den Unterschied zwischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Der Rechtspopulismus sei dabei die Brechstange für den Rechtsextremismus. Es ginge immer ums Polarisieren, Emotionalisieren, Simplifizieren, Diffamieren und darum, Panik zu erzeugen, so Steffen.
Empfehlungen für gute Gesprächskultur
„Hinterfragt die Vokabeln“, riet er den Teilnehmer:innen und lud sie gleichzeitig ein, neugierig auf die andere Sichtweise zu bleiben. Wenn man sich ernsthaft mit einer Person auseinandersetzen wolle, müsse man in Beziehung bleiben, so Steffen. Als konkrete Anregungen gab er den Pastor:innen zum Beispiel mit, im Gespräch möglichst ruhig zu bleiben, Respekt und soweit möglich Verständnis zu zeigen, Kritik höflich und sachlich zu formulieren und den „Common ground“ zu benennen. Dabei riet er zu Vorsicht: „Sorgen ernst zu nehmen, heißt nicht, den Schlussfolgerungen zuzustimmen“, so Steffen. Eine seiner Schlussfragen lautete: „Willst Du Recht haben oder glücklich sein?“ Auch wenn man selbst recht habe, könne es nicht ums Gewinnen gehen, denn wenn der / die Andere schlecht dastehe, verliere man selbst auch, sagte Steffen.
Diskussionskreisel führt zu Verständnis
Mit einer sehr konkreten Gesprächstechnik starteten Mareike Brombacher und Johanna Bühr dann in den Nachmittag. Dabei ging es um eine detektivische Neugier als Grundhaltung, warum die andere Person anders denkt als man selbst. In Dreiergruppen übten die Teilnehmer:innen den Diskussionskreisel vom Forum für Streitkultur. Anhand konkreter Aussagen, wie zum Beispiel „in Deutschland soll das Grundeinkommen eingeführt werden“ oder „das Gendern in der deutschen Sprache soll gesetzlich vorgeschrieben werden“ probierten zwei Personen mit unterschiedlicher Meinung aus, wie das konstruktive Streitgespräch im Dialog gelingen kann. Zunächst wird nach Punkten gesucht, in denen eine Übereinstimmung festgestellt werden kann, bevor schließlich der eigene Standpunkt formuliert wird. Mareike Brombacher sagte: "Das Herstellen von Übereinstimmungen gibt den Menschen die Sicherheit, trotz anderer Meinung verstanden zu werden und ist ein wichtiger Zwischenschritt im Gespräch, der es ermöglicht, der andersdenkenden Person besser zuzuhören und sie zu verstehen."
Greift zum Äußersten: Redet miteinander!
Als eines der Tagesergebnisse sagte Propst Helgo Jacobs zum Abschluss: „Eins ist doch heute wieder klar geworden: Es ist in jedem Fall besser, miteinander zu reden statt übereinander. Danke, liebe Referent:innen für all die Impulse, die Anregungen und konkreten Techniken.“