Wort zur Woche: "Biblischer Fangesang"
26.11.2021
Wort zur Woche von Stadtpastor Johannes Ahrens
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit!“ Das Lied gehört für mich zum Ersten Advent wie die erste leuchtende Kerze auf dem Adventskranz. Es ist dies die Vertonung des 24. Psalms, eine Art biblischer Fangesang. Gefeiert wird dort die Thronbesteigung eines neuen Königs. Die Erwartungen sind riesig, bestimmt wird jetzt alles besser. Gerechtigkeit soll Einzug halten, mehr Fortschritt gewagt, die Pandemie endlich in die Schranken gewiesen werden.
Wer länger dabei ist, und mehr als einen Regierungswechsel miterlebt hat, ahnt: Kein Fürst, kein Politiker, kein König kann die Welt retten. Übrigens auch kein Papst oder keine Ratsvorsitzende. Gerade deshalb gehört mein besonderer Respekt jenen Frauen und Männern, die ihr Wissen, ihre Begabung und ihre Zeit für das Gemeinwohl einsetzen. Die in Politik und Gesellschaft das Mögliche versuchen. Die sich in Parlamenten, Gremien, Sondierungsrunden geduldig abrackern. Und oft genug dafür noch beschimpfen lassen müssen. Verdient hätten sie stattdessen die wache, kritische Begleitung ihrer Wählerinnen und Wähler.
Was hingegen tatsächlich die Welt rettet - und das Tag für Tag - sind offene Herzen. Für die kranke Nachbarin. Den Geflüchteten. Die Pflegekräfte auf den Intensivstationen. „Meins Herzens Tür dir offen ist“, heißt es in der letzten Strophe des Adventsliedes. Da denke ich singend an jenen König, der es sich leisten konnte, von Anfang an auf alles Gehabe zu verzichten: Jesus von Nazareth. Der ging mit offenem Herzen und wachem Blick durch die Gegend. Es hätte mich nicht erstaunt, wenn Jesus sich hätte impfen lassen. Weil es anderen zugute kommt. „O wohl dem Land, o wohl der Stadt, so diesen König bei sich hat!“
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten 1. Advent.