Wort zur Woche: "Ein Spaziergang im Januar"
22.01.2021
Wort zur Woche von Margit Wolf, ev. Theologin, Flensburg
Ich seh‘ sie vor mir: Zwei Freundinnen, Hanne und Jördis sitzen auf einer Bank an der Geltinger Birk – warm eingepackt – ein kühler Tag im Januar. Draußen sein, sich durchpusten und den Gedanken freien Lauf lassen.
So ein ‚Jahresanfangsspaziergang‘ ist prima, um sich auszutauschen, ein wenig zu sortieren. Die Gedanken gehen zurück. „Weißt du noch im Sommer“, sagt Hanne, „oh je, war das heiß …aber das e i n e Konzert, das wir beim SHMF zusammen erlebt haben, das klingt heut‘ noch nach – trotz Mundnasenschutz und Abstand“.
Sie erinnern einander an Spaziergänge, Gespräche über Gott und die Welt, Klamotten, Rezepte, Sorgen, Fragen, Wein verkosten, sich gegenseitig Filme empfehlen. Sie haben gute Stunden erlebt - miteinander und mit anderen - nachdenkliche auch … das Virus machte sich breit und im Sommer nur eine kleine Pause. „Was uns das neue Jahr wohl bringt….“, sie schauen sich an, stehen auf und gehen weiter – die Landschaft im Blick. Hanne sorgt sich um ihr berufliches Standing; Jördis um ihre erwachsene Tochter. Sie denken an andere. Sie denken an sich selbst. Gutes will gepflegt, Schwieriges bestanden, Entscheidungen getroffen werden - sie wollen es gut hinkriegen – freundlich sein zu anderen und zu sich selbst.
„Mir ist da ein Text über den Weg gelaufen“ Jördis zückt ihr Handy: „Ich nenne mich glücklich, denn ich habe erkannt, wie wichtig es ist, dass ich lebe, dass du lebst, dass wir alle leben, dass meine Hand sich mit anderen Händen verschränkt, mein Lied sich vereint mit anderen Liedern“. „Oh“, sagt Hanne, „klingt nach einer weisen Frau, die gerne singt!“ „Genau“, sagt Jördis, „und übrigens, wie wär’s, wenn Du dich mal wieder traust, zu singen? Kannst ja unter der Dusche anfangen oder mit deinen Lieblingsliedern bei youtube!“
Lächelnd setzen sie ihren Weg ins neue Jahr fort.