Foto: Michael Bruhn

Wort zur Woche: "Erntedank persönlich"

01.10.2021

Wort zur Woche von Michael Bruhn, Pastor am Bibelzentrum Schleswig

„Wo ich vorwärts rein komme, komme ich auch rückwärts wieder raus!“ Als Wohnmobil-Nomade habe ich oft Situationen erlebt, in denen ich dieser Weisheit folgen musste: Die Straße zu schmal, die Durchfahrtshöhe zu niedrig, die Kurve zu eng. Karawanen mit vollgepackten Kamelen erging es vor schmalen Felsdurchlässen oder engen Häuserschluchten nicht anders: Hier geht es nicht weiter! Jesus nutzt dieses Bild für die Hürde, das ewige Leben zu erlangen, wenn man das Leben mit angesammelten Gütern bepackt: „Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher ins Himmelreich.“

Was oft als Aufruf zu asketischem Leben ausgelegt wurde, ist in Wirklichkeit die Frage nach der Bedeutung, die ich meinem Besitz einräume: Sind mein Haus, mein Auto, mein Boot entscheidend für meinen Selbstwert? Wäre ich ein anderer, hätte ich sie nicht? Sind sie verzichtbar? Der junge Mann, dem Jesus dieses Bild vorhält, kann sich ein Leben ohne seinen Reichtum nicht vorstellen. Er dreht um und wählt traurig einen anderen Lebensweg. Nun bleibt die Frage an uns: Was ist das Ziel, die Ernte meines Lebens? Spätestens am Ende unseres Lebensweges stellt sie sich ein letztes Mal. Bei diesem persönlichen Erntedankfest blicken wir auf die aufgegangene Saat unseres Lebens zurück. Sind da „Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei?“, wie es in einem anderen Bibelvers heißt - oder nur Vererbbares, Bares und Rares, für das kein Platz in den letzten Taschen ist? Den Boden, auf dem wir unsere Lebenssaat ausbringen können - die Welt mit ihren Aufgaben -, hat Gott vor uns ausgebreitet. Säen aber, was wir als Ernte unseres Lebens einbringen möchten, müssen wir selbst. Darauf liegt die Verheißung ewigen Lebens, sagt Jesus. Dann ist der Tod kein Nadelöhr, sondern ein Scheunentor zu unserem Schatz im Himmel.