Wort zur Woche "Gottes freundlicher Reminder"
06.05.2022
Wort zur Woche von Pastorin Sara Burghoff, Ev.-Luth. Kirchengemeinden Adelby und Engelsby
Der Adelbyer Friedhof hat einen besonderen Bewohner. Und wenn man Glück hat, kann man ihn sogar sehen. Er sitzt dann hoch oben in der Baumhöhle neben dem Eingangstor zur Kirche. Er hebt sich dabei kaum ab vom Farbton der Baumrinde und fällt überhaupt nur durch seine kugelrunden Augen auf. Gemeint ist Sunny, unser Kauz. Ein beliebtes Fotomotiv zu jeder Jahreszeit mit wachem Blick und puscheligen Federn.
Aber Sunny sitzt da leider eben nicht auf Abruf. Manche Kindergartengruppe wartet vergebens, manche Hobbyfotografin geht leer aus auf ihrer Tour. Mal ist er da und mal eben nicht. Mal entdecke ich ihn zufällig, manchmal tagelang überhaupt nicht. Man kann ihn nicht locken, seinen Besuch nicht berechnen (ihn aber zum Glück auch nicht allzu leicht vertreiben)- er scheint unverfügbar für alle, die nach ihm schauen und doch ist Verlass darauf, dass er wieder auftaucht.
So wie mit Sunny geht es mir ehrlich gesagt häufiger im Leben. Ich wünschte, ich könnte manches kontrollieren. Dass meine Gebete erhört werden zum Beispiel, gerade jetzt in der Krise angesichts des Krieges in der Ukraine. Dass ich Antworten finde auf Fragen, die mich quälen. Dass meine Probleme sich möglichst schnell und leicht lösen. Und dass Gerechtigkeit kommt für alle, die sie gerade brauchen. Ja, manchmal würde ich Gott gerne deutlicher spüren, aber ich fühle mich alleine. Ein andermal erlebe ich, dass alles Sinn macht und ich mich ganz geborgen fühle.
Ich merke: Gott ist da, auch wenn ich Gott gar nicht sehe. Überall und an jedem Ort- jederzeit. Und ab und zu schickt Gott mir dann einen freundlichen Reminder. Einen kleinen Kauz zum Beispiel, der mich mit Kulleraugen ansieht. Gottes schöne Schöpfung ganz nah! Überraschungsmomente für‘s Herz, die nur halb so schön wären, könnte ich sie tatsächlich kontrollieren.