Wort zur Woche:" In jedem Sandkorn steckt ein Felsen"
29.04.2022
Wort zur Woche von Pastorin Anne Vollert, Ev.-Luth. Kirchengemeinde Süderbrarup
„Liebst du mich?“ Eine Frage, die ich nicht mag. Ich vermute dahinter Misstrauen. Auch Petrus macht diese Frage traurig, die Jesus ihn sogar dreimal fragt. Denn sie reißt alte Wunden auf. Schmerzlich erinnert die Frage an seine dreimalige Verleugnung in der Nacht der Verhaftung Jesu. Hat er Jesu Liebe durch seinen Verrat verloren? Oder zweifelt er angesichts der eigenen Vergangenheit an seiner Liebe zu Jesus, an seiner Standhaftigkeit und Treue? Jesus macht allen Zweifeln ein Ende. Er vertraut Petrus seine Gemeinde an. Erstaunlich, bei der Vorgeschichte der beiden:
Jesus wusste um die Schwächen des Petrus. Hatte er doch miterlebt, dass Petrus in den Wellen versank und auf dem Berg Tabor drei Hütten bauen wollte. Und dann sein großes Versprechen: „Und wenn ich mit dir sterben müsste, ich werde dich nie verleugnen“. Petrus ist stark – doch manchmal nur mit Worten. Als es darauf ankommt: Schweigen. Bist du nicht auch einer von den Jüngern dieses Menschen? Petrus – umgeworfen durch eine einzige Frage. Verleugnung, um sich selbst zu retten. Vom Bekenner zum Verleugner, manchmal ein kurzer Weg. Und schon vorher, als Jesus ihn im Garten Gethsemane in seiner Angst braucht, schläft Petrus.
Petrus ist mir sehr nahe: Versprechen und Schwäche. Wollen und Vollbringen. Begeisterung und Angst. Reden und Handeln. Liebe kann blind machen. So sehr liebt Petrus Jesus, dass er an seiner eigenen Stärke nicht zweifelt, die eigene Schwachheit nicht erkennt. Ja, Jesus wusste um die Stärken und Schwächen des Petrus. Er wusste es auch, als er ihn ‚den Fels‘ nannte. Auf Sand gebaut, doch Fels getroffen. Denn in jedem Sandkorn steckt das Geheimnis eines Felsens. Erkenne ich mich darin auch wieder? Daran möchte ich glauben: Dass in meinem manchmal sandkorngroßen Glauben ein Felsen ist. Darum ist die Szene am See von Tiberias für mich Trost und Ermutigung zugleich: Gott weiß, wie oft in meinem Leben der Hahn kräht. Dennoch vertraut er mir und hofft auf mein Bekenntnis. Alle Schwachheit ist in seinem Glauben an mich aufgehoben.